Das Kosovo ist offiziell ein D-Mark-Land

Mit der Entscheidung für die deutsche Währung wird das Kosovo von der monetären Einheit Jugoslawiens abgekoppelt. Die Zollgebühren kommen künftig dem Staatshaushalt des Kosovo zugute  ■   Von Erich Rathfelder

Die meisten Kosovaren verfügen über keine Papiere mehr. Sie können ihre Identität nicht mehr beweisen.

Sarajevo (taz) – Als die ersten Geschäfte und Restaurants im Kosovo Ende Juni wieder öffneten, herrschte schon die deutsche Währung. Die Preise wurden von den zurückgekehrten Vertriebenen in D-Mark festgesetzt. Wer kein Kleingeld hatte, konnte auch in jugoslawischen Dinar bezahlen. Oder bekam sein Wechselgeld in Dinar heraus.

Mit der Entscheidung der UN-Administration im Kosovo, die D-Mark künftig als offizielles Zahlungsmittel zuzulassen, werden sich die Gewichte nochmals zugunsten der D-Mark verschieben. Die Mark wird, zumal zunehmend Kleingeld ins Land gebracht wird, als allgemein gültiges Zahlungsmittel bestätigt. Künftig werden Steuern, Zölle und alle staatlichen Gebühren in D-Mark entrichtet werden müssen. Auch die Gehälter werden in D-Mark und nicht mehr in Dinar ausbezahlt.

Damit korrigiert die UN-Verwaltung im Kosovo (Unmik) ihre ursprüngliche Position. Zwar wird verlautbart, auch andere Währungen seien weiterhin offizielles Zahlungsmittel, angesichts der Inflation in Serbien und der Schwäche des Dinar ist Kosovo aber faktisch ein D-Mark-Land geworden.

Mit der Entscheidung für die deutsche Währung als nicht nur faktisches, sondern auch offizielles Zahlungsmittel wird Kosovo von der monetären Einheit Jugoslawiens abgekoppelt. Auch die zweite Entscheidung des internationalen Administrators Bernard Kouchner geht in die gleiche Richtung. Die Zollgebühren kommen dem Staatshaushalt des Kosovo zugute. Die Öffnung einer von Belgrad nun auch offiziell unabhängigen Grenzübergangsstelle nach Makedonien – faktisch hatte Belgrad seit dem Einmarsch der Nato keine Kontrollmöglichkeiten mehr – stärkt das Konzept einer weitreichenden Autonomie. Sie entspricht aber auch den Notwendigkeiten des wirtschaftlichen Wiederaufbaus.

Konnten bisher Geschäftsleute Öl und Benzin, Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs ohne Formalitäten aus Albanien und Makedonien einführen, so sind sie nun Regeln unterworfen. Da es für kosovarische Exporteure unmöglich ist, entsprechende international gültige Papiere aus Belgrad zu erhalten, wird mit der Neuregelung ein Anfang gemacht.

Die Entscheidungen über das Telefonsystem, die Medien, das Staatseigentum an Produktionsmitteln, Grund- und Hausbesitz sowie über Ausweise und Reisepässe stehen noch aus. Das Telefonsystem funktioniert bis heute nur auf lokaler Ebene. Die Kosovaren fordern nun eine eigenständige Telefongesellschaft, wie sie bis vor Aufhebung der Autonomie 1989 bestanden hatte. Die Kosovaren wollen eigenständige Verbindungen zum Ausland – für die Ankurbelung der Wirtschaft ist dies eine unerlässliche Voraussetzung.

Nach wie vor fordert Belgrad die Kontrolle über die Staatsfirmen im Kosovo. Die albanischen Parteien dagegen sehen dieses staatliche Eigentum als Eigentum des Kosovo an. Auch an diesem Punkt wird auf die Verhältnisse vor 1989 verwiesen. Eine Entscheidung darüber ist Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Produktion vor allem in vielen Bergbaubetrieben. Die Klärung der Eigentumsverhältnisse in bezug auf den staatlichen Grund- und Hausbesitz ist dringend angesagt. Viele Laden- und Restaurantbesitzer wissen bis heute nicht, an wen sie Miete abführen müssen – für sie ein Vorteil, es verzerrt aber den Wettbewerb.

Weiterhin müssen die Besitzverhältnisse auch für die Privaten geregelt werden – die serbische Administration hat es nicht versäumt, vor ihrem Abzug die Katasterämter in Brand zu setzen oder die Unterlagen nach Belgrad mitzunehmen. Die wichtigste Entscheidung jedoch kommt der Regelung der Frage der Ausweise und Pässe zu. Die serbischen Behörden versuchten, den deportierten Kosovaren die gültigen Personalpapiere abzunehmen. Sie waren erfolgreich. Die meisten Kosovaren verfügen über keine Papiere mehr. Sie können ihre Identität nicht mehr beweisen, sie können auch nicht mehr reisen. Da aber die Ausstellung von Dokumenten dieser Art durch internationale Institutionen die Souveränität des jugoslawischen Staates begrenzen würde, Kosovo aber weiterhin als dessen Teil betrachtet wird, werden schwerwiegende rechtliche Probleme aufgeworfen.

Ausweispapiere müssen allein schon wegen der anstehenden Wahlen ausgestellt werden. Die Zeit drängt.