Kein Stress

■ The Pharcyde und Kinderzimmer Productions lassen es langsam angehen

Ihre Platte „Labcabincalifornia“ beginnt programmatisch: „Let me entertain you“ fordern sie die Zuhörer zum Zurücklehnen auf. Mit Kurt Cobains „Here we are now, entertain us“ haben die vier Hip-Hopper von The Pharcyde aber nichts zu tun. Sondern nur mit Entspannung, nach Möglichkeit unterstützt von hanfenen Rauschdrogen. Ruhig und gelassen muss es zugehen im Kosmos der West-Coastler. Nichts darf sich überstürzen, schon gar nicht die Musik. Lieber den Beat etwas langsamer laufen lassen, als mit hoher Geschwindigkeit Reime fließen zu lassen. Außerdem kann man bei weniger Umdrehungen hin und wieder bei etwas Singsang mitsummen und für noch mehr Entspannung sorgen.

Auf der Bühne gilt der gleiche Grundsatz: kein Stress. Die Zuhörer sollen sich gemächlich in den Hüften wiegen. Anfassen von Nebenmann/frau sind erlaubt, an manchen Stellen sogar gefordert. Slim Kid 3, Bootie Brown und Imani sprechen dazu gelassen und rauchen. Und legt der DJ die falschen Platten auf, unterbrechen The Pharcyde schon einmal das Konzert, um gemeinsam in der großen Kiste nach dem richtigen Beat zu fahnden.

Diese Leichtigkeit lassen Kinderzimmer Productions eher vermissen – könnte man meinen. Aber live überzeugen die beiden Ulmer Henrik von Holtum alias Rapper Textor und Sascha Klemmt a.k.a. DJ Quasi Modo mit ähnlichen Qualitäten wie die Kalifornier. Nur bei höherem Tempo. Wobei der DJ wirklich etwas zu tun hat, arbeiten die Prod. doch ausschließlich mit Samples und kommen ohne DAT-Recorder und Computerbeats aus. Einzig Schlagzeuger Jürgen Schlachter unterstützt den rhythmischen Fortgang auf der Bühne.

Die komplexen Texte des Textor verlieren dabei zwar ihre Wirkung. Dafür wird aus dem charakteristischen Nöler nahezu so etwas wie ein Madman, der seine Rastalocken schüttelt, mit den Augen rollt und auf die Knie sinkt, während der schwäbische Mostkopf von Quasi Modo, den er über die Plattenteller gebeugt hält, sich ein wenig verwundert schüttelt ob der Ausfälle seines Frontmanns. Wo Textor doch sonst so ein ruhiger Kerl ist.

Dabei halten die Kinderzimmer Productions nichts von irgendeiner wie auch immer gearteten Szene. Keine B-Boy-Posen, kein wildes Herumgehüpfe, gar keine Hamburger Schule. Statt dessen eine klare Aufgabenteilung: Der Musikstudent Textor, Schwerpunkt Kontrabass, kümmert sich um die Texte und der Elektrotechniker Quasi Modo um die Technik. Zusammen basteln sie solange an den Samples, bis man aus ihren Platten einen Quiz machen könnte: Wer erkennt die meisten Stücke, wer hört die meisten Cuts heraus. Antworten gibt es auf der Bühne keine, dafür, wie bei The Pharcyde: Entspannung. Eberhard Spohd

Kinderzimmer Productions: Do, 9. September, 21 Uhr, Markthalle

The Pharcyde: Mi, 15. September, 21 Uhr, Fabrik