Das Gewissen der Blockparty

■ Es gibt ein Leben nach A Tribe Called Quest: Phife Dawg und Ali Shaheed in der Arena

Als vor gut einem Jahr A Tribe Called Quest ihre Auflösung bekannt gaben, trauerte die HipHop-Nation um eine der besten und einflussreichsten HipHop-Gruppen aller Zeiten. Musikjournalisten verfassten Elogen auf das Schule machende Gesamtwerk, und wie bei einer Testamentsvollstreckung fieberte die Musikwelt der Veröffentlichung des fünften und definitiv letzten Werkes „The Love Moment“ entgegen.

Wie erwartet demonstrierte das Album noch einmal die Stärken der Band – die unnachahmlichen Beats, die unwiderstehlichen Reime –, und gerade das offensichtlich blinde Verständnis der zwei Ausnahme-MCs Q-Tip und Phife Dawg ließ Fragen nach Gründen des Splits lauter werden. Eine besonders gern kolportierte Antwort besagte, die divergierenden Interessen des mit Vorliebe über Baseball und Mädchen rappenden Phife Dawg hätten sich mit denen der bekennenden Muslime Q-Tip und Ali Shaheed nicht mehr unter einen Hut bringen lassen.

Umso erstaunlicher also, dass Phife Dawg sich nach Ablauf der Trauerfrist ausgerechnet mit Ali Shaheed als DJ auf den Bühnen der Welt zurückmeldet

„I love you, you love me, Phife Dawg is your favourite MC“, rappte er auf „Midnight Marauders“, dem dritten Quest-Album, und dennoch schien es, als hätten Fans und Presse einen anderen Favoriten. Zu sehr stand Phife im Schatten von Q-Tip, der A Tribe Called Quest und damit auch das gute Gewissen des HipHop repräsentierte wie kein Zweiter – Gastauftritte bei den Beastie Boys, Busta Rhymes und nicht zuletzt Janet Jackson inklusive. Dabei zehrte ein guter Teil der Quest-Dynamik von den Raps des Einmeterfünfzigannes Phife, der die nicht gerade schenkelklopfenden, zeitweise etwas bemüht und anstrengend „conscious“ wirkenden Reime von Q-Tip mit einer gesunden Portion Größenwahn und Blockparty-Attitüde beantwortete.

Nun schickt er mit „Bend Ova/Thougt U Wuz Nice“ einen Vorgeschmack auf sein anstehendes Album ins Rennen, der Q-Tips kürzlich erschienene Maxi „Vivrant thing“ unerwartet alt aussehen lässt und jeden noch so skeptischen alten A-Tribe-Called-Quest-Verehrer locker bei Laune halten sollte.

Die Karten sind neu gemischt, und es dürfte kein Zufall sein, dass Phife Dawg ausgerechnet in Köln seine neue Labelheimat gefunden hat. Als neuestes Zugpferd der Groove-Attack-Reihe „Superrappin“, die sich dank ausgefuchster Veröffentlichungspolitik und handstreichartiger Akquirierung gestandener US-Underground-Ikonen binnen weniger Monate zu einer der weltweit ersten Adressen für Independent-HipHop entwickelt hat, erfährt Phife genügend Support, um im Leben nach A Tribe Called Quest HipHop-Geschichte in der ersten Person Singular schreiben zu können.

Denn, so Phife schon auf „Midnight Marauders“, wenn er jemals solo ginge, wäre er sowieso sein eigener Lieblings-MC.

Cornelius Tittel

Phife Dawg feat. Ali Shaheed und Lootpack, heute, 20.30 Uhr, Glashaus in der Arena, Eichenstr. 4, Treptow