Der Vorher-Nachher-Juhnke

■  Verwandlung ist sein Metier. In der Komödie „Die Spesenritter“ mutiert Harald Juhnke diesmal vom drögen Buchhalter zum frechen Lotterlebemann (20.15 Uhr, ARD)

Es liegt ihm wohl im Blut. Harald Juhnke ist der perfekte Verwandlungskünstler: Im „Papagei“ plapperte er sich vom arbeitslosen Schauspieler zum rechtsradikalen Politiker, im „Hauptmann von Köpenick“ gab er durchaus achtbar den Schuster im Hauptmannszwirn, und Anfang des Jahres stieg er in der ARD-Komödie „Letzte Chance für Harry“ vom Penner zum Topmanager auf. Er kann es auch umgekehrt, wie er mit seiner Verfallsstudie in der Fallada-Verfilmung „Der Trinker“ und etlichen „echten“ Abstürzen im wahren Leben immer wieder bewiesen hat. Ein Mann zwischen Gosse und Grandhotel, so sieht sich wohl Juhnke auch selbst am liebsten.

Nun also soll aus dem sparsamen Buchhalter Bienbusch der prassende Diplomat Dr. Ritter werden. „Die Spesenritter“ ist eine weitere, (publikums-)erfolgversprechende Vorher-Nachher-Variante, und Drehbuchautor Leo P. Ard hat die klassische Auftragsarbeit seinem Hauptdarsteller auf den Leib geschrieben, ohne auch nur einen Wimpernschlag lang nach rechts oder links zu schauen: Nur auf Weisung vom oben betritt der kleine Beamte aus der Buchhaltung die große Welt des Auswärtigen Amtes. Dort soll Revisor Bienbusch auf dringendes Geheiß seines Vorgesetzten Herrn Dr. Ritter finden, den „Beauftragten der Bundesregierung für Kontakte zu ethnischen Minderheiten in aller Welt“. Der unterhält in der Buchhaltung ein stattliches Spesenkonto und hat unterm Strich noch eine Barauszahlung von 29,93 Mark zu erwarten. Aber Bienbusch wird sein Geld nicht los. Dr. Ritter ist nämlich gar kein Beamter, sondern nur ein illegales Spesenkonto, an dem sich diverse höhere AA-Mitarbeiter mit Luxusreisen in aller Herren Länder schadlos halten. Das freilich merkt der naive Bienbusch erst, als man ihn selbst für Dr. Ritter hält, in der Buissiness-Class nach Kapstadt verbringt und in einem Grandhotel auf Kosten der Steuerzahler freihält.

Die prominent besetzte Komödie nimmt etwas zu gut geölt ihren Lauf, Juhnkes Schauspielkollegen (von Horst Krause über Helen Vita bis Jürgen Schmidt) spielen dem Star so geflissentlich zu, als wären sie tatsächlich subalterne Beamte. Dennoch mag man dem rechtschaffenen Buchhalter nicht wirklich abnehmen, dass er am anderen Ende der Welt so schnell Gefallen am veruntreuten Luxus- und Lotterleben findet. Eine junge Hure, die es zu retten gilt, sowie ein Killer, der den armen Mitwisser per Kopfschuss eliminieren soll, muss Leo P. Ard schon aufbringen, um Bienbuschs Sündenfall ausreichend zu motivieren. Dann endlich aber tritt der Pygmalion-Zauber in Kraft, und fortan geht es so herrlich juhnkesch zu, dass man ohnehin alle Bedürfnisse nach Sinnhaftigkeit fahren lässt: Juhnke mit Zigarre, Juhnke im weißen Maßanzug, Juhnke am Pool, Juhnke auf Safari ...

Eigentlich schade, dass der Mann bei diesem Talent nicht irgendwann noch „My Fair Lady“ spielen kann. Als Eliza Doolittle wäre Juhnke unschlagbar.

Klaudia Brunst