Weniger Strahlen mit digitaler Mammographie

■ An der Berliner Charité suchen die Ärzte mit einem digitalen Röntgengerät nach Brustveränderungen. Selbst kleinste Knoten können so noch entdeckt werden

Ein hochmodernes digitales Aufnahmegerät soll helfen, Brustkrebs schneller und früher zu erkennen. „Senograph 2000 D“ heißt der neue Mammograph, den die amerikanische Firma General Electric Medical Systems erstmalig in Europa im Institut für Radiologie der Berliner Universitätsklinik Charité installiert hat.

Das Gerät beruht auf einer neuen Technologie: Während konventionelle Mammographiegeräte mit Hilfe von Film und Folien ein einmaliges Röntgenbild erstellen, das am Leuchtkasten betrachtet und ausgewertet wird, wandelt das digitale Aufnahmegerät den Röntgenstrahl in elektrische Energie und dann in ein Computerbild um. Es arbeitet mit einem großflächigen, die ganze Brust erfassenden Bildrezeptor aus dünnschichtigem amorphem Silizium.

Den Unterschied vergleicht Professor Bernd Hamm, der zur Zeit am Universitätsklinikum Charité das neue Gerät erprobt, mit dem Unterschied zwischen Schallplatte und CD. „Die Qualität von Schallplatten ist unterschiedlich, die Qualität von CDs ist konstant.“ Im Randbereich des Empfindlichkeitsspektrums, also in den hellen und dunklen Anteilen des Films, ist der Kontrast wesentlich geringer als beim digitalen Bild. „Man hat einen Film, und das war's: Bei sehr viel Fettgewebe ist die Aufnahme zu dunkel, bei sehr viel Drüsengewebe kann man wenig erkennen.“

Der Anteil an Fettgewebe in der Brust nimmt mit dem Alter zu. Vor der Menopause ist das Drüsengewebe teilweise sehr dicht und nahezu undurchlässig für Strahlen. Auf den herkömmlichen Röntgenbildern lassen sich Mikroverkalkungen im dichten Drüsengewebe manchmal nur schwer erkennen. „Der digitale Mammograph macht Veränderungen auch in sehr dichtem Gewebe sichtbar“, erklärt der Berliner Radiologe.

Als wertvollste Neuerung sieht er die Möglichkeit, die digitalen Bilder im Nachhinein am Monitor bearbeiten zu können. Dank einer besonderen Graustufentechnik ist es möglich, auch geringfügige Verdichtungsherde selbst in sehr dichtem Drüsengewebe deutlich hervorzuheben. „Wir können nachträglich den Kontrast noch verstärken und kritische Gewebeveränderungen per Computersteuerung vergrößern. So können wir es auch bei dichtem Drüsengewebe so regeln, dass man trotzdem durchgucken kann. Wir haben bessere Möglichkeiten, Zeichen zu erkennen, die für einen Krebs sprechen, und die sonst dem Auge entgehen würden.“

Tumoren, die auf Mikroverkalkungen des Brustdrüsengewebes beruhen, könnten mit dem neuen Gerät mit mehr als 98 Prozent Sicherheit erkannt werden, schätzt der Radiologe, bei Verdichtungsherden mit diffusen Grenzen liege die Aufklärung immerhin noch bei gut 72 Prozent.

Ein weiterer Vorteil der digitalen Mammographie liegt in der Möglichkeit zur Vervielfältigung der Aufnahmen. Das Kopieren eines herkömmlichen Röntgenfilmes ist mit Verlusten an Bildgüte verbunden, die digitalen Aufnahmen hingegen können beliebig oft und bei gleich bleibender Qualität vervielfältigt und über digitale Netze an andere Orte übertragen werden. „So kann man die Bilder auf jeden Bildschirm übertragen und diagnostische Unsicherheiten gegebenenfalls mit Kollegen beraten“, berichtet Hamm.

Die neue Methode biete darüber hinaus noch die Möglichkeit, sich eine zweite Meinung durch den Computer selbst einzuholen. Ein spezielles Programm ist darauf eingerichtet, die räumliche Anordnung und Vielfalt etwa vorkommender Verkalkungen zu analysieren. „Das menschliche Auge übersieht manchmal was“, so Hamm. „Der Computer hingegen sieht eher zuviel.“ Die Stellen, die das Computerprogramm als verdächtigt identifiziert hat, erscheinen auf dem Bildschirm markiert und können dann noch mal überprüft werden.

Die digitale Technik hat weitere Vorzüge. Sie spart Platz bei der Archivierung der Befunde, und last not least rechnet Hamm zudem mit einer deutlichen Verringerung der Strahlendosis – um etwa 20 Prozent.

Der Nachteil: Mit einem Stückpreis von rund 800.000 Mark ist das neue Gerät vier- bis fünfmal so teuer wie ein herkömmliches Mammographiegerät und damit für die normale Gynäkologiepraxis und selbst für normale Krankenhäuser noch zu teuer. Bis das neue Gerät zur Früherkennung allen Frauen zur Verfügung steht, wird es also noch eine Weile dauern. Vera Stadie