Querspalte

■ Lob der Raucher

 Selbst der Raucher, dieser trübselige, auf Balkons herumlungernde Desperado, hat noch Freunde auf der Welt. Die Krankenkassen treten überraschend zu seiner Ehrenrettung an: Wer qualmt, ist nach Ansicht von Sozialmedizinern für die Kassen nicht teurer als die Nichtraucher. „Die Raucher sterben so viel früher“, sagt Sozialmediziner Wilhelm Schwarz, „dass sie den Kassen wieder jene Kosten ersparen, die sie zuvor für die Behandlung von Gefäßverschlüssen, Infarkten, Krebs und Bronchitis gekostet haben.“ Die Kosten, die sie gekostet haben – ist das nicht fast so schön formuliert wie der warmherzige kleine Ärztewitz, den sich der Ex-Ärtztekammerchef Vilmar erlaubte, als er vom „sozialverträglichen Früh-Ableben“ sprach?

 Pro Jahr werden 100.000 Nikotinisten zu Frühinvaliden; Raucherleiden schlagen bei den Kassen mit 30 Milliarden Mark jährlich zu Buche. Doch diese Kosten werden durch das frühe Sterben aufgewogen: „Ein Raucher auf dem Friedhof kostet nichts. Nichtraucher liegen viele Jahre länger ihrer Krankenkasse auf der Tasche!“ Und das bedeutet, dass der Nichtraucher, der es ja am sozialverträglichen Früh-Ableben häufig schuldhaft fehlen lässt, auch für die Rentenlöcher verantwortlich ist! Würde er rauchen, dann läge er der Rentenkasse nicht unangemessen lange auf der Tasche und die Rentner müssten nicht durch das Eichelsche Spardiktat schikaniert werden! Der Raucher ist also eine heroische Figur: Er ruiniert sich freiwillig für die Allgemeinheit! „Würden alle Raucher heute mit dem Rauchen aufhören“, schreibt die Zeit, „wäre unsere soziale Sicherung binnen kurzem unbezahlbar.“ Danke, liebe Raucher! Ihr rettet unser mürbes Sozialsystem! Haltet durch! Bald werden auch deutsche Versicherungen, wie's eine britische jetzt schon tut, verbilligte Rentenversicherungen für Raucher anbieten! Klaus Nothnagel