Behörde als „Fälscherwerkstatt“

■ Gericht stellt Strafverfahren gegen Anwalt ein: Sein Vorwurf zur „Fälscherwerkstatt“ sei als Meinungsäußerung geschützt / Das Ausländeramt ist verärgert: „Unwahre Behauptungen“

Eine Strafanzeige des Ausländeramtes wegen „übler Nachrede“ gegen Rechtsanwalt Hans Meyer-Mews bleibt juristisch folgenlos. In letzter Instanz wurde der Bremer Anwalt jetzt freigesprochen. Ein früheres Urteil des Amtsgerichtes, das eine Geldstrafe von 5.600 Mark wegen übler Nachrede verhängt hatte, war fehlerhaft, so der Vorsitzende der 1. Strafkammer des Hanseatischen Oberlandesgerichtes (OLG).

Während Anwalt Meyer-Mews den Beschluss des OLG gestern „mit Genugtuung“ zur Kenntnis nahm, zeigte sich Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens noch verärgert. Der Anwalt habe sich gegenüber Mitarbeitern im Ausländeramt ehrverletzend geäußert und „völlig absurde Bewertungen“ vorgenommen.

Begonnen hatte der Streit zwischen Behörde und Anwalt vor zwei Jahren, nachdem Meyer-Mews im Zusammenhang mit der geplanten Abschiebung eines algerischen Mandanten angefragt hatte, was das Amt hindere, „eine eigene Fälscherwerkstatt zur Erstellung von Passersatzpapieren für Abschieber zu unterhalten? So groß ist der Unterschied zur gegenwärtigen Praxis, nach der das algerische Konsulat zur Erstellung falscher Papiere veranlasst wird, nicht.“

Das Zustandekommen dieser Äußerung, die die Behörde nicht auf sich sitzen lassen wollte, erklärte Meyer-Mews mit dem Fall eines Mandanten. Der abgelehnte Asylbewerber habe ihm gesagt, dass er bisher einen Alias-Namen angegeben habe und auch künftig seine wahre Identität nicht preisgeben wolle. Dies habe die Ausländerbehörde gewusst, aber dennoch die Abschiebung des – mittlerweile ausgeflogenen – Mannes unter dessen Alias-Namen betrieben. In diesem Zusammenhang spricht Meyer-Mews von „mittelbarer Falschbeurkundung“. „Man darf nicht dazu anleiten, Papiere unter falschem Namen auszustellen.“ Das sei ein Straftatbestand, so der Jurist. „Mich ärgert, wenn man sich nicht an die Spielregeln hält.“

Die sah auch die Ausländerbehörde verletzt. Stadtamts-Chef Hans-Jörg Wilkens betonte, dass die Behörde keine unrechtmäßigen Abschiebungen betreibe. Anspielungen auf eine „Fälscherwerkstatt“ seien verunglimpfend. Die Behörde sei von Amts wegen verpflichtet, Identitäten in komplizierten Verfahren aufzuklären. Dazu arbeite man mit Botschaften und Konsulaten zusammen. „Alles andere sind Phantasiegespinste.“

Beweise zum Abschiebeverfahren musste die Ausländerbehörde im Rahmen des Prozesses nicht liefern. Abwägen mussten die Richter dagegen, ob der Anwalt mit seiner Äußerung ein – nach dem Grundsatz der Meinungsfreiheit grundrechtlich geschütztes – Werturteil oder aber eine strafrechtlich relevante falsche Tatsachenbehauptung abgegeben hatte. „Da sind wir zu der Ansicht gekommen, es handelt sich um eine, wenn auch sehr provokative, Meinungsäußerung“, so der Richter. „Wir konnten nicht feststellen, dass der Angeklagte bewusst etwas Unwahres gesagt hatte.“ Auch sei nicht festgestellt worden, dass er eine erwiesen falsche Tatsachenbehauptung gemacht habe.

Diese Entscheidung setze den Einschüchterungsversuchen der Staatsanwaltschaft gegenüber Strafverteidigern Grenzen, so Meyer-Mews' Verteidiger Jan-Peter Gieschen. „Es kann nicht angehen, dass Anwälte im Zweifel ein Argument nicht vortragen, weil sie strafrechtliche Verfolgung fürchten.“ ede