Mit Arbeitskreisen in die Zukunft

Auf ihrer Koalitionssitzung demonstrierte Rot-Grün Einigkeit und hehre Absichten zu heiklen Themen: Atomausstieg, Transrapid und freier Strommarkt werden weiter diskutiert   ■  Von Maike Rademaker

Berlin (taz) – Einmal nicht nur Streit und Zwist, sondern richtige Pläne, Arbeitsgruppen und Absichten wollte die rot-grüne Fraktion ihren Wählern zeigen und besprach bei der Koalitionssitzung am Montagabend in Berlin neben den vergangenen Wahlschlappen gleich drei heikle Themen: Atomausstieg, Liberalisierung des Strommarktes und Transrapid.

Beim Atomausstieg reagieren die Koalitionspolitiker auf die Hinhaltetaktik der Industrie gereizt. Bis zum Ende des Jahres gäbe man sich und der Industrie noch Zeit, einen Konsens über den Ausstieg zu finden. Man werde, so die grüne Fraktionschefin Kerstin Müller, ein weiteres Spiel der Industrie um Zeit nicht mitmachen.

„Wenn eine Einigung nicht gelingt, weil man sich über die Restlaufzeiten von Kernkraftwerken streitet, dann haben wir auch die Möglichkeit, ein Gesetz über den Ausstieg aus der Kernenergie zu machen“, drohte SPD-Fraktionschef Peter Struck. Bis Ende des Jahres sollen dann auch die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene vorliegen, die die rechtlichen Fragen klären soll. Ursprünglich sollte die Gruppe allerdings schon am 30. September fertig sein.

Beim Energierecht sind sowohl Grüne als auch Rote nicht unbeeindruckt geblieben von der Demonstration der Stadtwerker gegen die völlige Liberalisierung des Strommarktes. Man wolle zwar die Stadtwerke nicht vom Wettbewerb aussparen, meinte Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch, Sonderregelungen seien aber möglich – sowie ein „Schutz von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung“. Rund 10.000 Stadtwerker hatten vor zwei Tagen in Berlin gegen den offenen Wettbewerb demonstriert, weil bei sinkenden Strompreisen bis zu 40.000 Arbeitsplätze in den kommunalen Werken abgebaut werden müssten und die umweltfreundliche Kraftwärmekopplung (KWK) nicht mehr konkurrenzfähig sei.

Es gibt zwar von beiden Parteien vage Vorschläge zum Schutz der Stadtwerke wie eine Quote für KWK oder der Stadtwerke bei der Energieversorgung, konkreter wollten die Koalitionsvertreter allerdings nicht werden und gründeten einen Arbeitskreis, an dem Wirtschaftsministerium, Kanzleramt und Koalitionsfraktionen beteiligt sein sollen. In drei Wochen solle es zu diesem Punkt Klarheit geben, versprach Struck.

Gestern redeten schon einmal Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier, SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sowie ÖTV-Chef Herbert Mai und IG-Bergbau-Chef Hubertus Schmoldt über das Thema. Darüber hinaus will die Koalition besonders effiziente Gas- und Dampfkraftwerke von der Ökosteuer befreien. Auf Verbändeebene arbeitet man derweil an einer Vereinbarung, die Müller gestern Abend vorgelegt werden sollte (siehe Text rechts).

Dem aus wirtschaftlichen Gründen heftig strauchelnden Transrapid-Projekt wollte die Koalition keinen Todesstoß versetzen, sondern gewährte Aufschub bis Ende des Jahres. Keinen Pfennig mehr als die bisher geplanten 6,1 Milliarden Mark wolle man in das Projekt stecken, beschloss die Koalition. Die Industrie müsse nun entscheiden, ob sich das Projekt auf dieser Grundlage realisieren lasse. Mit dieser Summe, so Struck, könne aber nur eine einspurige Trasse gebaut werden – und dass diese unwirtschaftlich ist, hatte am Wochenende schon eine interne Bahn-Studie bescheinigt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigte ebenfalls, dass die Wirtschaftlichkeit für das Projekt ausschlaggebend sei.

So viele Entscheidungen machen friedlich: „Freundschaftlich“ sei die Sitzungsatmosphäre gewesen, sagte Struck. „Die Koalition hält Kurs.“

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