Keine Todesstrafe für Helmut Hofer

Ein Gericht in Teheran lässt Anklage der verbotenen sexuellen Beziehung fallen. Der inhaftierte deutsche Geschäftsmann könnte bald freikommen    ■ Von Ali Sadrzadeh

Berlin (taz) – Das beschämende und traurige Spiel, das die iranische Justiz seit zwei Jahren mit dem fast 60-jährigen deutschen Kaufmann Helmut Hofer betreibt, geht langsam zu Ende, aber eben langsam. Das zuständige Teheraner Gericht ließ am Mittwoch die Anklage der verbotenen sexuellen Beziehung zu einer Muslimin fallen. Damit ist Hofer nicht mehr von der Todesstrafe bedroht.

Sexuelle Kontakte zu einer Iranerin konnte man ihm von Anfang an nicht nachweisen, es gab weder ein Geständnis noch ein medizinisches Gutachten, noch Zeugen oder sonstige Beweise für diesen Vorwurf. Hofers Prozess war vom Beginn an ein politischer Prozess. Hofer war im Grunde eine Geisel in den Händen der Hardliner im iranischen Justizapparat und dem Geheimdienst. Er sollte ursprünglich gegen Kazem Darabi, den Drahtzieher des Mykonos-Attentats, ausgetauscht werden. Ein in Deutschland rechtskräftig verurteilter Mörder, der 1993 bei einem vierfachen Mord gegen iranische Oppositionelle in Berlin beteiligt war, gegen einen deutschen Autohändler, der sich zufällig im Lande aufhielt, so sahen offensichtlich die Pläne aus. Einen solchen Tausch konnte und kann sich der Rechtsstaat Bundesrepublik nicht erlauben.

Inzwischen haben offenbar auch die Radikalen in Teheran begriffen, dass Deutschland nicht so erpressbar ist, aber so schnell geben sie nicht auf. Deshalb kam Hofer noch nicht frei. Er soll nun wegen „illegaler Kontakte“ zu der Frau verurteilt werden, ein Delikt, für das es selbst im iranischen Gesetzbuch keinen Paragraphen gibt. Das Urteil soll innerhalb einer Woche verkündet werden.

Die iranische Justiz hat seit zwei Monaten einen neuen Chef. Er heißt Ayatollah Schahrudi, und er will nach eigenem Bekunden die Gerichtsbarkeit der Islamischen Republik aus den politischen Machtkämpfe heraushalten. Dieser Wechsel an der Spitze der iranischen Justiz soll sich gestern offensichtlich sogar in Hofers Prozess bemerkbar gemacht haben. „Das Gericht war ausgezeichnet, der Richter war sehr gerecht“, sagte Hofers iranischer Anwalt Kahhari. Er sei sicher, dass Hofer freigesprochen wird. Doch eine gewisse Vorsicht ist angebracht, denn auf den mittleren und unteren Ebenen der Justiz agieren weiterhin die Radikalen, die das Justizwesen für ihre politischen Zwecke weiterhin instrumentalisieren wollen.

Helmut Hofer kann aus einem anderen Grund hoffen, dass er bald freikommt: Die Konservativen haben inzwischen gemerkt, dass sie auf eine gute Beziehung zu Deutschland angewiesen sind. Das haben auch die Mitglieder einer Wirtschaftsdelegation aus Niedersachsen festgestellt, die sich in der vergangenen Woche in Teheran aufhielten. Auch die Radikalen haben den Emissären aus Deutschland zu verstehen gegeben, man wolle mehr Investitionen aus Deutschland und eine bessere Beziehung zwischen Teheran und Berlin – mit oder ohne Hofer.

Die Hardliner im Iran haben den Zenit ihrer Macht längst überschritten, sie sind mit einer Bevölkerung konfrontiert, die mehrheitlich eine Öffnung sowohl nach innen wie nach außen anstrebt. Spätestens im kommenden Februar bei den Parlamentswahlen wird sich dies herausstellen.