Das Mini-Börsen-Fieber

■ So tun wie die Profis: Handeln in Echtzeit und in Sekundenschnelle bei Bremens Mini-Parkettbörsen / Ticktrading mit einem DAX, der viel von einem Formel-1-Wagen hat

Im Hintergrund flackert ein Fernseher: N-TV mit den neuesten Börsen-News. Doch das interessiert in Bremens neuer Mini-Parkettbörse keinen. Der Börsen-Ti-cker, sagt GeschäftsleiterJosef Leising, sei „nicht mehr ganz frisch“: 15 Minuten ist er alt. Immer. Für Broker quasi Steinzeit.

Zugang zu den – teuren – Echtzeitdaten aus Frankfurt hatten bislang nur Börsen-Profis. In Bremen eröffnete schon Mitte Juni die Trading House Partner in der Baumwoll-Börse. Gestern der actior trading center im Haus schräg gegenüber. Durch elektronische Handelssysteme via Internet kann man hier handeln wie ein Broker: mit „real time Kursen“, Transfers in Sekunden, und günstigeren Gebühren als bei der Bank.

Die Uhren an der Wand (New York, Frankfurt, Tokio) bei actior ticken ohne Sekundenzeiger. Broker dagegen ticken in Sekunden. Zumindest wenn es um Termingeschäfte geht. Andreas Kasimo ist so einer. „Sie glauben nicht wie lang eine Sekunde manchmal sein kann“, sagt er. „Einmal umdrehen und Sekunden später kann sich alles verändert haben.“ Besonders beim DAX, der „ist wie ein Formel-Eins-Wagen“. Nix für Anfänger also. Kasimo rät den Frischlingen lieber zu den ruhigen Eurobunds. Beim Trading kann man schnell Geld machen. Und ruckzuck alles verlieren. Aktien interessieren hier keinen mehr. Das war die Ein-stiegsdroge. Die Telekom-Aktie, die jeden Otto auf den Plan rief, ist heute mehr was für Gemütliche.

Bei actior dagegen geht es um „ticktrading“. Das „sofortige Ausnutzen kleiner Schwankungen“, die man flupps schon wieder abstößt. Da geht es um Sekunden. In zwei Minuten könne man 1.000 Mark machen. Oder verlieren. „Aussitzen“ und auf bessere Zeiten hoffen wie bei Aktien, wäre der glatte Ruin. „Ticking ist die höchs-te Risikostufe“, sagt Peter Valtink vom Trading House Partner. Seine Kunden machen meist day-trading. Das sei ein bisschen entspannter. Da lässt man die Geschäfte schon mal über Nacht liegen.

Selbst an der Börse wirtschaften möchten anscheinend immer mehr. Die beiden trading Häuser expandieren bundesweit, alle paar Wochen eine neue Franchise-Kooperation. Ende des Jahres hofft Valtink seine Investionen schon wieder raus zu haben. Auch stockt er gerade auf: von zwölf auf 18 Terminals. Bei actior fängt man mit zwölf Terminals an. Dabei muss man schon einiges auf der hohen Kante liegen haben, um hier überhaupt mitzumischen: 50.000 Mark als Risiko-Puffer. Plus Miete: 1.400 Mark monatlich für den Schreibtisch mit Internetbörse. Aber wer sich Sorgen um die Miete mache, „der ist nicht der Richtige“ fürs Termingschäft, sagt Leising von actior.

Den neuen Konkurrenten sieht Valtink ganz gelassen: „Es gibt genug Interessenten“. In Berlin hatte man mit actior schon mal kooperiert. Der Markt sei groß genug für zwei. Und für mehr? „Der mit dem besten Service-Angebot wird sich durchsetzten.“ pipe