■ Caritas-Affäre: Verkehrsminister Klimmt verwickelt sich zusehends in Widersprüche. Von Verträgen oder Spenden haben die von ihm angegeben Institutionen nichts gesehen

Saarbrücken (taz) – Die Affäre um den „Paten von Trier“, den ehemaligen Spitzenmanager der lokalen Caritas Trägergesellschaft (CTT) Hans-Joachim Doerfert, bringt Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt erneut in arge Bedrängnis. „Alles barer Unsinn; alles völlig haltlos“, hatte Klimmt noch Ende September behauptet, als im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in Trier und in Saarbrücken gegen Doerfert die Aufhebung seiner Immunität beantragt worden war.

Der Vorwurf: Bestechlichkeit. Rund 300.000 Mark soll Klimmt als Ministerpräsident von Doerfert angenommen und im Gegenzug die Kliniken der CTT im Saarland vom geplanten Bettenabbau ausgenommen haben. Außerdem habe Klimmt in seiner Eigenschaft als Präsident des 1. FC Saarbrücken (FCS) Verträge mit Doerfert unterzeichnet, die dem Fußballverein rund ein halbe Million Mark aus der Schatulle Doerferts in die Kasse spülte. Kommentar von Klimmt dazu vor Wochenfrist: „Irgendwelche Koppel- oder Gegengeschäfte hat es nie gegeben.“

Eine haltlose Behauptung. Nachdem der Rechtsausschuss des Landtages von Rheinland-Pfalz sich mit der Affäre beschäftigt hatte, erklärte Klimmt in dieser Woche plötzlich, dass die 300.000 Mark von Doerfert, die er für die Landesregierung entgegengenommen habe, für „kulturelle Zwecke“ ausgegeben worden seien. Also doch ein „Koppel- oder Gegengeschäft“. Und kein „barer Unsinn“ mehr.

Die stille Botschaft an die Adresse der Staatsanwaltschaft: In die eigene Tasche habe ich das Geld ganz bestimmt nicht gesteckt. Im Gegenteil. Dem „Weltkulturerbe“ Alte Völklinger Hütte sollten die 300.000 Mark – indirekt – zugute kommen. Die Agentur HDW in Saarbrücken habe die Summe für „Werbemaßnahmen“ für die Sonderausstellung „Prometheus“ in der Hütte verwendet, so Klimmt am Tag vor seiner Vereidigung als Bundesverkehrsminister.

Aber Klimmt bleibt weiter unglaubwürdig. Denn die Veranstalter der Sonderausstellung, die Stiftung Industriekultur und das Deutsche Historische Museum (DHM), wissen nichts von der großzügigen „Spende“ der Caritas, die von Doerfert über Klimmt für „Prometheus“ an die Werbeagentur HDW geflossen sein soll. „Ich habe von dem Engagement von Doerfert und der Caritas aus der Zeitung erfahren“, sagte Ausstellungsleiterin Ulrike Kretschmar dem Trierischen Volksfreund. Der Geschäftsführer der HDW ist ein „guter Freund“ von Klimmt. Und die Agentur konzipierte die Kampagne der SPD im letzten Wahlkampf an der Saar.

Für den neuen Bundesverkehrsminister kommt es aber noch dicker: Für die halbe Million Mark, die in die Kasse des 1. FC Saarbrücken „wanderte“, soll es nun ganz plötzlich auch ein „Koppelgeschäft“ gegeben haben. Das behauptet Klimmt jetzt – nach Veröffentlichung entsprechender Verträge. Für knapp 15.000 Mark monatlich hätten Angestellte des Vereins in den Kliniken der Caritas im Saarland sportmedizinische Vorträge halten und physiotherapeutische Leistungen erbringen sollen. Der Torwarttrainer und zwei Masseure im Einsatz für die Rehabilitation von Kranken und Unfallopfern – für eine halbe Million Mark in nur drei Jahren?

„Die hätten doch rund um die Uhr in den Kliniken arbeiten müssen, um auch nur einen Bruchteil dieser Summe abzuarbeiten“, konstatierte gestern ein Informant der taz vom Management der Caritas. „Nie“ sei in den vier Kliniken der Caritas im Saarland ein Vereinsmitglied des 1. FCS auch nur zu sehen gewesen. In der Klinik der Caritas in Dillingen etwa heißt es: „Zwischen uns und dem FCS gab es keinerlei Berührungspunkte.“

Also doch kein „Koppel- oder Gegengeschäft“; aber ganz offenbar ein weiteres Scheingeschäft. Klimmt im Erklärungsnotstand. Doerfert sitzt in U-Haft. Und wo kommt das so großzügig – und gezielt – verteilte Geld her? Die Grünen im Landtag von Rheinland-Pfalz vermuten: „Aus dem Kirchensteueraufkommen.“ Doerfert soll seine Angestellten mit Billigverträgen abgespeist haben; dem Bistum Trier, Kostenträger für die Caritas, meldete er dagegen hohe Personalkosten.

Klaus-Peter Klingelschmitt