400-mal kichern täglich

■ 360 Grad – Die Suche nach dem Glück“ (Montag bis Donnerstag, 20.15 Uhr, Arte)

Nicht nur Herrn Rossi und den Rest der Menschheit hat sie umgetrieben, sondern auch Arte und GEO: „Die Suche nach dem Glück“, um die es in der achten Folge der Reihe „360 Grad – Die GEO-Reportage“ gehen wird.

Gleich im ersten Teil wird die Frage beantwortet, was Glück nach Meinung vieler Wissenschaftler eigentlich ist: nämlich „Flow“. 20 Jahre lang hat der amerikanische Psychologe Mihalyi Cszikszentmihalyi über 6.000 Menschen weltweit befragt, bis er herausfand, dass sie alle „das Einswerden mit einer Tätigkeit“, den so genannten „Flow“, als Glück beschreiben – egal ob beim Schachspielen oder am Fließband. Elisabeth Noelle-Neumann, die eiserne Lady der Allensbach-Demoskopie, kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Kurz nach Kriegsende begann sie, die Deutschen zum Glück zu befragen, bis heute. So ermittelte sie, dass das Glück nicht proportional zum erhöhten Lebensstandard wuchs. Und sie fand heraus, dass „Anstrengung“ unbedingt zum Glückserwerb dazu gehöre. Denn ohne Kampf könne die eigene Persönlichkeit nicht wachsen und somit auch nicht glücklich werden. Als Beweis für diese protestantische These wird immer wieder der Italiener Giannio Conte angeführt, der seit einem Motorradunfall im Rollstuhl sitzt: Seine immense Willensstärke nennt er als Grund dafür, dass er seit seinem Unfall glücklicher sei als zuvor.

Etwas unverkrampfter geht es am Dienstag im zweiten Teil zu, der von der „der Macht des Lachens“ erzählt. Dass 70 Prozent aller Erwachsenen auf Grund von Stress erkranken, könne laut einiger Forscher daran liegen, dass sie zu wenig lachen: Kichern Kinder noch 400-mal täglich, sind es bei Erwachsenen lediglich 15 Lacher. Der indische Arzt Madan Kataria hat deshalb „Lachvereine“ gegründet. Jeden Morgen trifft er sich um sieben Uhr mit den Mitgliedern im Park, um zu üben: das Löwenlachen (mit den Händen neben den Ohren wackeln und Zunge rausstrecken), das Zanklachen, das Cocktaillachen. Diese Bilder stecken an.

Die GEO-Reportagen sind wahrscheinlich mit das intelligenteste, was es zur Zeit im Fernsehen gibt. Darum ist es um so bedauerlicher, dass den ersten beiden Beiträgen jeder noch so leise kritische Hauch fehlte. Denn vielleicht hat Glück ja doch nicht nur mit der eigenen Erleuchtung zu tun, sondern auch mit den Umständen, in denen man lebt. Bleibt zu hoffen, dass der Beitrag am Donnerstag über die neue Anti-Depressions-Pille diese nicht nur als künftigen „Segen für die Volkswirtschaft“ abfeiert, als das dieses fragwürdige Pharmaprodukt immer wieder angepriesen wird. Denn vielleicht haben die glücklichsten Menschen der Welt, die Isländer, um die es am Freitag gehen wird, diese Pille ja gar nicht nötig, weil sie in einer stress- und druckfreieren Gesellschaft leben? Könnte ja sein.

Ania Mauruschat