Die Spendenbereitschaft tendiert gegen null“

■ Humanität hat Hochkonjunktur, aber nur für das Kosovo und türkische Erdbebenopfer

Wenn die Fernsehsender in Deutschland zu Spenden aufrufen, fließt das Geld. Nach dem Erdbeben in der Türkei kamen binnen der 45 Minuten einer ARD-Sondersendung über 3 Millionen Mark zusammen. „Sogar die 14-jährige Stella aus München hat 20 Mark Taschengeld gespendet“, konnten die Organisatoren gerührt verkünden. Die ZDF-Spendengala „Wir wollen helfen“ spielte an einem Abend über 13 Millionen für die Erdbebenopfer ein.

Humanität hat Hochkonjunktur. Schätzungsweise 140 Millionen Mark hat das Deutsche Rote Kreuz dieses Jahr bereits an Spenden eingenommen, davon 80 Millionen für die Kosovohilfe und 30 Millionen für die Türkei. Zum Vergleich: 1998 waren es nur 70 Millionen. Das Notärztekomitee Cap Anamur hat 1999 bislang 57 Millionen Mark an Spenden eingenommen. Sonst liegt der Jahresschnitt bei 10 Millionen.

Beide Hilfsorganisationen kooperieren mit dem ZDF. Eine lohnende Zusammenarbeit, wie Christel Neudeck von Cap Anamur erfahren hat: „Die Dauerberieselung mit Elendsbildern aus dem Kosovo und die gleichzeitige Einblendung unserer Kontonummer haben zu einer unglaublichen Spendenbereitschaft geführt.“

Doch wer sich für Krisenregionen einsetzt, die derzeit im Windschatten dieser Katastrophen stehen, hat es schwer mit der öffentlichen Aufmerksamkeit. Für Tilman Zülch, den Vorsitzenden der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist das frustrierend: „Für uns ist es schon das Höchste, wenn wir einmal im Jahr mit einer Meldung in der Presse erscheinen.“

Die Zeiten, als zumindest die Linken Partei ergriffen haben für Konfliktherde wie Angola und Nicaragua, seien vorbei. „Die sind jetzt selbst an der Regierung. Auf Nicaragua oder Angola haben die keine Lust mehr“, sagt Zülch.

Seit Jahren schon hat das Rote Kreuz ein Spendenkonto für Hilfsprojekte in Angola. Das Problem: Keiner spendet. „Für unsere Projekte in Angola geben wir pro Jahr 2 bis 3 Millionen Mark aus. Dafür suchen wir händeringend nach Spenden“, sagt DRK-Sprecher Lübbo Roewer. Christel Neudeck sagt: „In Afrika haben die Leute den Eindruck, dass dort nichts vorangeht und die Spenden dort sowieso nichts bewirken.“

Wann die Spenden fließen und wohin sie fließen – darüber entscheidet vor allem die Präsenz im Fernsehen. Und dort haben Themen aus Afrika einfach einen schlechten Stand. „Wenn wir denen eine Kampagne für Angola vorschlagen, würden wir ausgelacht“, so Neudeck.

Für den ZDF-Redakteur Peter Gruhne ist eine Benefizgala für Angola zumindest „theoretisch vorstellbar“. Gruhne hat allerdings keine großen Hoffnungen auf ein Zustandekommen einer solchen Sendung: „Angola ist weit weg, das Interesse ist hier kaum vorhanden. Außerdem würden wir für eine solche Sendung hochkarätige Künstler brauchen, und ich fürchte, dass die Agenten nicht mitmachen würden.“ Peter Wütherich

Spendenkonto des Roten Kreuzes: 41 41  41, Stichwort „Angola“