■ Mit Fischfangabkommen auf Du und Du
: Land unter in Spanien

Madrid (taz) – Marokko stellt sich stur. Die Regierung des Sozialisten Abderrahmane Youssoufi möchte das Fischereiabkommen mit der Europäischen Union nicht verlängern. „Ab dem 1. Dezember werden wir unseren Reichtum selber ausbeuten“, sagt Innenminister Driss Basri.

Ein verständlicher Wunsch, der auf der anderen Seite der Meeerenge von Gibraltar, beim Nachbarn Spanien, Besorgnis erregt. 415 der knapp 500 Schiffe, die in den Fischbänken vor Marokkos Atlantikküste zugange sind, tragen das gelb-rote Banner. Wenn die Marokkaner das Abkommen nicht verlängern, sind alleine in Spanien 25.000 Arbeitsplätze in Gefahr.

Der Verhandlungsrahmen der EU ist eng. 20 Milliarden Peseten (235 Millionen Mark) zahlte die Gemeinschaft seit 1995 jährlich für das jetzt auslaufende Fischereiabkommen an Rabat. Nur eine Milliarde Peseten (knapp 12 Millionen Mark) mehr wurden von Brüssel für die Verlängerung im EU-Haushalt 2000 veranschlagt. Damit, so heißt es im spanischen Landwirtschafts- und Fischereiministerium, dürften die Marokkaner kaum umzustimmen sein.

Und mehr ist nicht herauszuholen. Vor allem die nördlichen EU-Länder, allen voran Großbritannien, Deutschland und die Skandinavier wollen mit Argusaugen darüber wachen, dass der Etat nicht erhöht wird.

Bleibt nur eine verstärkte Kooperation mittels gemischter Unternehmen sowohl beim Fang als auch bei der Weiterverarbeitung. Falls solche Vorschläge großzügig genug ausfallen, dürfte Rabat einlenken. Bereits 1995 rang Marokko der EU das Versprechen ab, ein Drittel der Fänge in den Häfen des Alevitenreiches anzudocken und weiterzuverarbeiten.

Jedes Boot über 250 Tonnen muss bereits heute mindestens sechs marokkanische Seeleute einstellen. Ein weiterer Ausbau dieser Wirtschaftskooperation würde allerdings zu Verlusten vor allem bei den indirekten Arbeitsplätzen in Spanien führen. Das wollen die Gewerkschaften im Fischereisektor nicht hinnehmen. Ende September haben sie mit Mobilisierungen begonnen.

Die Zeit arbeitet für Marokko. Dessen ist sich die Regierung in Rabat bewusst. Während EU-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler immer wieder beteuert, so schnell wie möglich Gespräche aufnehmen zu wollen, herrscht bei der Regierung Youssoufi Funkstille. Wie bereits 1995 will Rabat erst abwarten, bis die spanische Fischereiflotte untätig im Hafen liegt und die protestierenden Fischer ihnen einen Verhandlungsvorteil verschaffen.

Reiner Wandler