Auch ausländische Firmen machen mit“

■ Indonesiens Ex-Diktator Suharto hat wenig zu befürchten, so Masduki von Corruption Watch

taz: Überrascht Sie die Entscheidung des Generalstaatsanwalts, gegen den gestürzten indonesischen Diktator Suharto wegen angeblichen Beweismangels kein Korruptionsverfahren zu eröffnen?

Teten Masduki: Genau das hatte ich vorausgesagt. Der Regierung von Präsident Habibie fehlte von Anfang an der politische Wille, die Korruption Suhartos zu ahnden. Schließlich war Habibie ein Teil des Suharto-Regimes. Aus Habibies Umfeld sind elf Leute in den Bank-Bali-Skandal verstrickt. Es geht um Gelder des Internationalen Währungsfonds für die Rekapitalisierung 16 angeschlagener Banken. Statt das Geld direkt auszuzahlen, hat die Regierung das verzögert und nur gegen Schmiergeld gezahlt. Das floss auf die Konten von Habibies Golkar-Partei, vermutlich, um Abgeordnete zu bestechen, damit sie ihn wieder zum Präsidenten wählen. Auch hat Habibie inzwischen viele Suharto-Günstlinge bei der staatlichen Ölgesellschaft oder im staatlichen Reis- und Zuckerhandel durch eigene Günstlinge ersetzt.

Ist die Korruption in Indonesien ein Teil der Kultur?

Sie wurde zu einem Teil der Kultur, aber der Kultur der Mächtigen. Das Volk kennt keine Kultur der Korruption. Das ist ein Mythos, der den Mächtigen dient. Korruption wurzelt in Macht, erst recht, wenn sie so zentralisiert ist wie unter Suharto, und es keine Kontrolle durch das Volk gibt.

Welche Rolle spielen ausländische Investoren bei der Korruption in Indonesien?

Sie sind in die Korruption eingebunden. Wollte ein multinationaler Konzern Geschäfte machen, musste er mit den Konglomeraten der Suharto-Günstlinge zusammenarbeiten. Ihnen mussten dann Anteile an den Projekten übertragen werden.

Können ausländische Firmen in Indonesien überhaupt ohne Schmiergeldzahlungen Geschäfte machen?

Ja, wenn Preis und Qualität stimmen.

Wie wirkt sich die Korruption auf Entwicklungshilfeprojekte aus?

Wir halten die Schätzung des US-Ökonomen Jeffrey Winters für zutreffend, dass 30 Prozent aller an Indonesien gezahlten Entwicklungshilfegelder durch Korruption zweckentfremdet wurden. Das betrifft wirklich sämtliche Gelder, da sie in der Entwicklungsbehörde zentralisiert wurden. Korruption gibt es auf allen Ebenen: bei der Aufnahme eines Projektes in den Entwicklungsplan, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, durch die Nichteinhaltung von Qualität und Menge sowie durch Abrechnung überhöhter Preise. Wir haben bereits Weltbank und IWF gesagt, dass sie wegen mangelnder Überwachung mitschuldig an der Zweckentfremdung sind.

Seit vor 13 Jahren der philippinische Diktator Ferdinand Marcos gestürzt wurde, konnte die Regierung nur wenige Millionen seiner durch Korruption angehäuften Milliarden zurückgewinnen. Warum sollte das im Fall Suhartos anders sein?

Der Versuch, das dem Volk gestohlene Vermögen der Suharto-Familie zu beschlagnahmen, steht nicht im Zentrum unserer Arbeit. Der Fall Marcos ermutigt wirklich nicht. Wir wollen aber mit einem Bewusstseinswandel erreichen, dass Suharto für Korruption bestraft werden muss. Die Macht der Regierung muss beschränkt werden durch Machtteilung und Kontrollmöglichkeiten auf allen Ebenen sowie durch eine Stärkung der Zivilgesellschaft. Ohne starke demokratische Kontrolle wird die Korruption bleiben.

Würde eine Präsidentin Megawati Sukarnoputri die Korruption bekämpfen?

Alle Kandidaten sind besser als Habibie. Aber auch Megawati kann ohne Demokratisierung die Korruption nicht bekämpfen. Bisher hat kein Präsidentschaftskandidat Pläne zur Korruptionsbekämpfung vorgelegt.

Interview: Sven Hansen