Oskar, deine Freunde

■ Das Publikum: Applaus, insbesondere von Jutta Ditfurth

Endlich Auge in Auge mit Oskar Lafontaine auf der Frankfurter Buchmesse. Und alle reden über das Honorar. Und über Springer. Die Leute vom Econ-Verlag – der zur Springer-Gruppe gehört – nicht. Sie tragen alle leuchtend rote Buttons mit der Aufschrift „Das Herz schlägt links“ und haben so ein glückliches Strahlen in den Augen: Das Buch ist seit einem Tag auf dem Markt, 160.000 Vorbestellungen liegen vor, die dritte Auflage geht schon in den Druck. Andere, die nicht vom Verlag sind, haben auch dieses Strahlen. Ein massiger Spanier hält eine schwungvolle Rede über die europäische Sozialdemokratie und dass sie ihn brauche, den Oskar. Der weiß das selbst und winkt stolz lächelnd ab.

Dann präsentieren Parteifreunde ihre Kosovo-Kriegs-Thesen: „Wir sind da im Grunde einer Meinung, Oskar“, der bekanntermaßen ein vehementer Gegner der Nato-Intervention war. Und: „Der Kanzler hat mein Fax dazu scheinbar nicht bekommen.“ Es schweben rote Ballons in Herzform durch den Saal „Harmonie“ im Kongress-Zentrum. Sehr schön.

Und dann kommt sie, die Schwester im Geiste, die Dame, die lange Jahre selbst meinte, ihre Partei besser zu repräsentieren als die Partei sich selbst: Jutta Ditfurth, Grünen-Mitbegründerin und -Dissidentin aus Urzeiten, ergreift das Wort. Für Lafontaine. Auch sie redet über das Honorar. Und über Springer. „Ich bin ganz doll neidisch auf deinen Vorschuss“ sagt sie, und bei Springer hätten ja auch schon ganz andere veröffentlicht. Sie, Jutta, freue sich einfach „über das Wiederbeleben der Moral“ in der Politik. Lafontaine strahlt: „Ich bin dankbar für diesen Einwand, Jutta.“

Die beiden verstehen sich. Es ist hart, wenn man mit ansehen muss, wie Dilettanten übernehmen, während das eigene politische Genie nur noch periodisch zwischen Buchdeckeln und in Qualitätspublikationen aufleuchtet.

Während der Pressekonferenz mit Lafontaine wurde bekannt, dass von Ditfurth jetzt ebenfalls warnende Worte an die Nation gerichtet werden. In dem renommierten Nachrichtenmagazin Neue Revue veröffentlicht sie eine sechsteilige Serie mit dem Titel „Zahltag, Joschka!“, in der sie enthüllt, wie der Außeminister sich an die Macht putschte.

Volker Weidermann