Drei Tage rund um Nadeln gegen Sucht

■ Experten tauschen sich bei Fachtagung zu akupunkturgestützter Suchtbehandlung aus

Bernd hat es mit kaltem Entzug und mit Methadon versucht, mit und ohne Akupunktur. Er ist seit 13 Jahren heroinabhängig, lebt jetzt in Wien, und immer wenn er rückfällig wird oder die Gefahr verspürt, kommt er nach Hamburg und entzieht in der Fachklinik Bokholt mit Akupunktur.

Der letzte Entzug liegt erst wenige Tage zurück. Bei der Fachtagung „Akupunkturgestützte Suchtbehandlung“, die gestern begann und noch bis morgen dauert, nutzt er die Gelegenheit und läßt sich nadeln. „Ich bin dadurch immer noch nicht clean, aber die Akupunktur stabilisiert mich“, sagt er. Er falle emotional nicht mehr so in den Keller. Gegenüber dem Methadon-Entzug, „habe ich das Gefühl, dass ich nicht einfach etwas einwerfe, sondern es aus mir heraus schaffe.“ So lange er zweimal die Woche zur Akupunktur geht, geht es ihm gut. „Aber irgendwann hält man sich für zu stark und lässt es schleifen.“ Und dann war bisher der Drang nach dem Heroin immer noch stärker als Bernd. „Aber mit Akupunktur werden die Abstände größer.“

Die Experten, die auf Einladung der deutschen Sektion der „National Acupuncture Detoxification Association“ (NASA) hier sind, berichten von guten Erfahrungen mit der Methode und wollen sie in ein Gesamtkonzept einbinden. Dr. Michael Smith aus New York beispielsweise arbeitet seit 30 Jahren nach dieser Methode.

Aber es geht bei der Tagung auch darum, wie es in Deutschland vorwärts geht. Bis vor wenigen Monaten hat es in Hamburg bei der Palette eine Akupunktur-Ambulanz gegeben. Und genau die fordert die NASA. „Etwas, wo man sechs Tage die Woche vormittags wie nachmittags hingehen kann, wo Selbsthilfegruppen integriert werden und es Beratung gibt“, sagt NASA-Vorstand Dr. Ralph Raben. Die Zeit sei reif, in der Suchtbekämpfung andere Wege zu gehen, als sich auf den stationären Entzug zu stützen, der am Tag 500 Mark koste und nicht sehr effektiv sei. Peter Lindlahr, Referent für Rechtsfragen bei der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, sieht die Tür durchaus einen Spalt offen: „Wir müssen uns zusammensetzen.“ Langfristig hoffe er, dass die Krankenkassen akupunkturgestützte Suchtbehandlung mit in den Regelkatalog aufnehmen.

Sandra Wilsdorf