Tenever hilft sich selbst

■ Arbeitsmarktpolitik vor Ort: Runder Tisch für Beschäftigung und Qualifizierung zieht eine positive Zwischenbilanz

Der ältere Herr sitzt ganz zufrieden in seinem Glasverschlag im Eingang eines Hochhausblocks in der Otto-Brenner-Allee. Hauswart, Concierge? Wie man seinen Job nennt, ist ihm egal. „Es war schwer genug, überhaupt etwas zu kriegen,“ sagt er.

Die Gebäudeverwaltung Gewoba und das Arbeitsamt teilen sich die Kosten für die Concierge-Stellen. Nach diesem Vorbild sollten viel mehr ältere Arbeitslose aus Osterholz-Tenever einen Job bekommen, sagt Joachim Barloschky von der Projektgrupe Tenever. „Diese Menschen haben sonst keine Chance. Und alle Bewohner sind begeistert, weil ein Ansprechpartner da ist und weniger kaputt gemacht wird.“

Um diese und andere Ideen für neue Arbeitsplatz-Modelle umzusetzen, hat Barloschky zusammen mit Aktiven vom Mütterzentrum bis hin zum BRAS-Berufsberatungsprojekt im März den „Runden Tisch für Beschäftigung und Qualifizierung in Tenever“ ins Leben gerufen. „Wir versuchen, Instrumen-tarien der Arbeitsmarktpolitik mit den Erfahrung der Leute vor Ort zu koppeln,“ erklärt er.

Neben einem Ausbau des Concierge-Modells schlagen sie den Aufbau eines EDV-Zentrums vor, in dem sich vor allem Frauen aus Tenever selbst weiterbilden sollen. Im Rahmen eines Müllprojekts könnten junge Arbeitslose die Bewohner in Umweltfragen beraten und selbst anpacken. Migrantinnen könnten im Pflegebereich einen Platz finden.

Aber sind diese Ideen auch bezahlbar? Ein Ausbau des Conciergemodells etwa ist unwahrscheinlich. Der Gewoba ist das Personal zu teuer. Sie will lieber mit Kameras Vandalen abschrecken (die taz berichtete).

Barloschky ist trotzdem optimistisch: „Wir werden da weiter verhandeln. Und wir sind außerdem an vielen anderen Stellen sehr weit gekommen.“ Aus einigen Ideen sind konkrete Projekte geworden. Das EDV-Zentrum für Tenevers Frauen etwa ist keine Utopie mehr. Elisabeth Mahlberg-Wilson vom Mütterzentrum Tenever rechnet damit, dass ab Dezember mindestens eine Stelle die Entwicklung dieser Ausbildungsstätte in den Räumen des Mütterzentrums betreuen wird. Auch aus Sicht des Arbeitsamts könne man sich das gut vorstellen, sagt Karl Papst, der dort für die Verteilung der ABM-Stellen zuständig ist. „Unser Ziel ist, möglichst viele Arbeitssuchende auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. Andererseits sind wir natürlich nicht so realitätsfremd, anzunehmen, dass das immer geht.“

Beim angedachten Müllprojekt hält der Arbeitsamtsmann dagegen „einige Fragen zumindest für klärungswürdig“. Er warnt vor zu hohen Erwartungen: „Wir können nur Geld verteilen, das wir haben. Durch einen Runden Tisch ist nicht plötzlich mehr da.“ Trotzdem schätzt er die Arbeit des Runden Tisches als wichtig ein. „Das ist auch für uns ein gutes Instrument, um abzuschätzen, welche Förderung wo wirklich sinnvoll ist.“

Damit die Kooperation von lokalen Initiatoren und behördlichen Geldgebern in Zukunft noch besser klappt, hat der Senator für Arbeit in jedem Fall eine weitere Stelle zugesichtert: Ab Anfang des nächsten Jahres soll ein Projektentwickler dafür sorgen, dass aus den Anregungen aus Tenever auch wirklich Jobs werden.

Lars Reppesgaard