Nissan unter der Guillotine

■ 21.000 weniger Jobs, weniger Werke, weniger Zulieferer

Tokio (taz) – Der Renault-Mann Carlos Ghosn verordnet Nissan eine bittere Pille: 21.000 Jobs weg, Werkschließungen und die Halbierung der Zulieferer. Ein ausländischer Reformer hält die japanische Autoindustrie in Atem. Ghosn, in Japan unter dem Namen „Kosto Kirah“ (Cost Killer) bekannt, hat dem angeschlagenen Autobauer Nissan Motor drastische Restrukturierungsmaßnahmen verordnet. Nissan muss innerhalb von zwei Jahren die Jobs einsparen, davon rund die Hälfte in Japan, und die Produktionskapazität um 30 Prozent zurückschrauben. Drei Niederlassungen in Japan werden geschlossen.Mit diesen Kostensenkungen will Nissan 2002 auf Gruppenebene 1.000 Milliarden Yen (9,5 Milliarden US-Dollar) einsparen und die Nettoschulden von den bisherigen 1,4 Billionen Yen auf 700 Milliarden Yen senken. „Nissan ist in schlechter Verfassung“, begründete Ghosn die Schritte und wies auf den ständig abnehmenden globalen Marktanteil des Autobauers hin. Seit 1991 ist Nissans Anteil von 6,6 auf 4,9 Prozent gefallen. Allein in Japan könne die Produktionskapazität 1999 nur zu zwei Dritteln ausgeschöpft werden.

„Der Plan ist hart, ja sogar schmerzhaft, aber unsere Lage ist sehr ernst“, pflichtete Nissan-Präsident Yoshikazu Hanawa Ghosn bei. Trotz der Reformpläne in den letzten vier Jahren schaffte Nissan den Sprung aus den roten Zahlen nicht. Renault sprang in diesem Frühjahr mit einer Geldinfusion von 5,4 Milliarden Dollar ein und übernahm mit der operativen Führung auch 37 Prozent des japanischen Autobauers. Von Industriebeobachtern wurde die Ernennung von Carlos Ghosn zum operativen Leiter schon früh gelobt, weil er Renault innerhalb von drei Jahren fit gemacht hatte für diese globale Expansion Richtung Asien.

In Japan wird Nissan versuchen, möglichst niemanden zu entlassen, da dies nach einheimischen Arbeitsrecht schwierig durchzusetzen wäre. Ghosn hat einen Einstellungsstopp, Frühpensionierungen von Angestellten über 40 Jahren und eine Erhöhung der Teilzeit-Arbeiter verschrieben. Betroffen ist vor allem das umfangreiche Händlernetz in Japan, wo 6.500 Stellen gestrichen werden. In der Produktion gehen 4.000 und in der Administration 6.000 Arbeitsplätze verloren. 500 Entwickler und Forscher müssen ebenfalls gehen.

Für Renault ist der Plan nicht gerade billig. Der französische Autokonzern muss im zweiten Halbjahr 99 eine außerordentliche Abschreibung von 1,95 Milliarden Franc in Kauf nehmen, um diesen Reformplan für Nissan umzusetzen.

Japans Autozulieferer hat Ghosn ebenfalls aufgeschreckt. Er will die Zahl der Nissan-Zulieferer von derzeit 1.145 auf 600 halbieren und die Kosten der Materialbeschaffung um 20 Prozent kappen. Das wird rund 600 Mrd. Yen oder 60 Prozent der gesamten Einsparungen ausmachen. Für die zumeist kleineren und mittleren Betriebe dürfte diese Ankündigung weit schlimmer sein, weil damit wohl nochmal rund 10 000 Stellen verloren gehen. André Kunz