Allein unter Feinden bei der Expo

Nur der WWF hat einen eigenen Stand bei der Expo 2000 in Hannover. Die anderen Umweltverbände lehnen die Ausstellung als „unökologisch“ ab  ■   Von Jürgen Voges

Die Weltausstellung hat sich zwar das Motto Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben, wird aber von Sponsoren dominiert

Hannover (taz) – Die offizielle Teilnahme des World Wide Fund for Nature (WWF) habe für die Weltausstellung in Hannover „ganz hohen Wert“, betonte Expo-Generalkommissarin Brigit Breuel, als gestern in Hannover die Umweltstiftung ihren künftigen Expo-Pavillon vorstellte. Als einzige große deutsche Umweltorganisation setzt sich der WWF mit seiner Expo-Teilnahme über einen Beschluss der Umweltdachorganisation „Deutscher Naturschutzring“ hinweg, die die Weltausstellung in Hannover seit langem als unökologisch ablehnt und bereits 1996 allen ihren Mitgliedsverbänden empfohlen hatte, sich nicht am offiziellen Expo-Programm zu beteiligen. Als einzige deutsche Umweltorganisation will der WWF nun gleich mit einem eigenen Pavillon auf der Weltausstellung für ihre Schutzgebietskampagne „Global 200“ werben. Dabei kann sie auf Spenden von rund 27 Millionen Mark für ihr weltweites Netz von Schutzgebieten hoffen, durch die der weltweite Artenschwund eingedämmt werden soll. „Der WWF ist der einzige Expo-Teilnehmer, der die Möglichkeit bekommt, auf der Weltausstellung Spenden für einen guten Zweck zu sammeln“, sagte Birgit Breuel. Der deutsche WWF-Präsident von Treuenfels verknüpfte die Präsentation in Hannover mit versteckten Seitenhieben auf die übrigen Umweltverbände, die der Weltausstellung fernbleiben. Einen effektiven Naturschutz könne man „nicht nur in Gummistiefeln betreiben“, sagte von Treuenfels. Der WWF wolle „das Schaufenster der Welt, das die Expo biete, nicht ungenutzt verstreichen lassen“.

Für sein neues Netzwerk „Global 200“ hat der WWF 232 ökologische Schlüsselregionen durch internationale Wissenschaftler auswählen lassen. Jedes Jahr würden rund 26.000 Tier- und Pflanzenarten aussterben, so der Geschäftsführer von WWF Deutschland. Durch einen nachhaltigen Schutz der ausgewählten Schlüsselregionen ließen sich weltweit 90 Prozent der biologischen Vielfalt bewahren. Spenden für die Kampagne will die Umweltstiftung mit Hilfe eines Kunstwerkes sammeln, das auf sechs großen Wänden rund um den WWF-Expo-Pavillon entstehen soll. Der Künstler Stefan Szczesny will auf den Wänden nach und nach ein Riesenpuzzle aus 135.000 Keramikteilen entstehen lassen, das ein Netzwerk des Lebens auf den fünf Kontinenten und der Antarktis darstellt. Besucher der Weltausstellung können gegen einen Obolus von 200 DM ihren Namen in eines der fünf mal fünf Zentimeter großen Puzzleteile eingravieren lassen. Wenn sich tatsächlich 135.000 Spender finden, würden dabei 27 Millionen Mark zusammenkommen. Die Kosten von Bau und Betrieb seines Expo-Pavillons in Höhe von 7 Millionen Mark will der WWF über andere Sponsoren abdecken.

Mit seiner Expo-Teilnahme steht der WWF unter den großen Umweltorganisationen allerdings allein. Ansonsten wollen nur noch die deutsche Umwelthilfe und die mit ihr verbundene Stiftung Euronatur auf der Weltausstellung präsent sein. Sprecher des BUND und des Nabu stellten gestern noch einmal klar, dass bei ihnen die Teilnahme an der Expo nicht in Frage komme. „Bei unseren Gesprächen mit Frau Breuel hat sich herausgestellt, dass von einer ökologischen Ausrichtung der Ausstellung keine Rede sein kann“ sagte Nabu-Sprecher Bernd Pieper. Der BUND, allen voran der niedersächsische Landesverband, ist ohnehin seit langem einer der schärfsten Kritiker der Weltausstellung, die sich zwar das Motto Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat, in der Realität aber von ihren Sponsoren, vor allem von der Automobilindustrie, dominiert wird. „Nicht nur auf dem Gelände, sondern vor allem drumherum wird die Expo ein großes Fest des Automobilverkehrs werden“, sagte der niedersächsische BUND-Sprecher Robert Exner mit Blick auf die Staus, die im nächsten Jahr rund um das Expo-Gelände zu erwarten sind. Die Kritik des BUND an der Expo teilt auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Deren Pressechef Fouad Hamdan kann sich über die Millionen Cola-Dosen, die auf dem Expo-Gelände verkauft werden sollen, genauso empören, wie über PVC-ummantelte Kabel in angeblichen Expo-Ökosiedlungen. „1.000 Dämmplatten im deutschen Expo-Pavillon, die ozonschädigende teilhalogenierte FCKW enthalten, was soll das?“, fragt der Greenpeace-Sprecher. Proteste der hannoverschen Greenpeace-Gruppe gegen die Ausstellung schließt er nicht aus. Auch das Jugendumweltnetzwerk JANUN, in der unter anderem die Jugendlichen von BUND und Nabu zusammengeschlossen sind, bereitet sich auf Aktionen gegen die Expo vor. Zusammen mit Mitgliedern anderer Jugendorganisationen, wie der Naturfreundejugend und den Falken, plant das Netzwerk nächstes Jahr ein Sommercamp zu veranstalten, von dem aus zur Expo-Eröffnung Aktionen gestartet werden sollen.