■ Mit der Wismut auf Du und Du
: Staat im Staate

Dresden (taz) – Als Otto Hahn und Lise Meitner 1939 erstmals experimentell die Kernspaltung beim Element Uran gelang, war auch die Grundlage zum atomaren Wettrüsten gelegt. Auf der ganzen Welt wurde fieberhaft nach Uranerzlagern gesucht. Ersten Probebohrungen folgten Stollen und Schächte. Ab 1946 nahm die damalige Sachsenerz-Bergwerke AG unter Leitung der Roten Armee Uranerzförderung und -verarbeitung auf.

1947 bezogen die Sowjets auch die Urangewinnung in die Kriegsreparationen ein, zu denen Deutschland von den Alliierten verdonnert worden war. Unter Einsatz eines riesigen Menschenpotenzials – zeitweise arbeiteten über 130.000 Menschen unter den erbärmlichsten Bedingungen in den Gruben – breitete sich der Bergbau schnell im Westerzgebirge, in Thüringen und am Rande des Elbsandsteingebirges aus. Arbeiter wurden in der gesamten Besatzungszone rekrutiert, Grundstücke zwangsenteignet und zum Sperrgebiet erklärt. Das Bergbauunternehmen Wismut entwickelte sich seit dieser Zeit zum Staat im Staate.

Erst 1954 wurde aus der rein sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) eine sowjetisch-deutsche (SDAG). Schrittweise verbesserten sich die Arbeitsbedingungen, später gehörten sie zu den besten in der DDR. Wismut-Jobs zählten zu den begehrtesten – wegen mehr Urlaubs, höheren Salärs, besserer medizinischer Versorgung, wegen eines früheren Renteneintritts und exklusiverer Ferienheime. Zu den mit Abstand bedeutendsten Lagerstätten entwickelte sich Ronneburg in Thüringen und die Region Schlema im Westerzgebirge. Von hier sollten bis zum 31. 12. 1990 insgesamt 84 Prozent der 231.000 Tonnen Uran kommen, die die Wismut produzierte. Zum Jahreswechsel wurde der Bergbau eingestellt.

Nur Kanada und die USA förderten im gleichen Zeitraum mehr Uran als die Wismut. Mitte 1991 stieg die UdSSR per Staatsvertrag aus der SDAG Wismut aus, die dadurch vollständig in den Besitz der Bundesrepublik überging. Im Dezember 1991 trat das Wismut-Gesetz in Kraft, das die Aktiengesellschaft unter anderem in eine GmbH umwandelte. Einziger Geschäftszweck: Sanierung und Selbstabwicklung. Von den Ende 1989 noch 42.000 bei der Wismut beschäftigten Kumpel blieben ganze 3.150 übrig. reni