Der Ku Klux Klan scheut ein offenes Visier

Die rassistische Organisation will vermummt für das Recht auf Meinungsfreiheit demonstrieren  ■   Aus New York Nicola Liebert

Es sah aus wie eine Verkleidung für die bald anstehende Halloween-Parade. Die Kostüme waren aber echt: Der Ku Klux Klan hielt am Samstag eine Kundgebung mitten in New York ab – nach eigenen Angaben seine erste überhaupt in der Stadt. Allerdings waren die Klan-Mitglieder vor den Säulen des obersten Gerichtshofs kaum auszumachen; nur die weißen, spitzen Mützen und eine Fahne der Konföderierten des Bürgerkriegs ragten hervor. Denn das gute Dutzend Männer und zwei Frauen wurden von einem Polizeikordon umringt sowie mindestens tausend Gegendemonstranten, die „Fuck the KKK“ und Ähnliches in einer Lautstärke skandierten, die es unmöglich machte, die Ansprachen des Klans zu verstehen.

Die Klan-Mitglieder verabschiedeten sich mit einem Hitlergruß, als sie von der Polizei in das Gerichtsgebäude in Sicherheit gebracht wurden. Fünf Demonstranten wurden verhaftet. „Wir können unsere Forderungen nicht vortragen“, jammerte hinterher Jeffrey Berry, der den schönen Titel „Imperial Wizard“ (Reichshexenmeister – gemeint ist Vorsitzender) trägt. „Wir werden zum Schweigen verurteilt.“

Der Kundgebung waren mehrere Gerichtsverfahren vorausgegangen. Der Ku Klux Klan bestand nämlich darauf, nicht nur die weißen Kutten zu tragen, sondern auch die spitzen Kapuzen, die über das ganze Gesicht reichen. Dies war offenbar der ganze Zweck der Kundgebung, wurde aber von der Stadt New York untersagt. Noch am Samstagvormittag hatten die Anwälte des Klans erfolglos an das Verfassungsgericht appelliert, diese Entscheidung aufzuheben.

Der Klan führt derzeit in zahlreichen US-Städten Kundgebungen durch, um das Recht auf freie Meinungsäußerung bei gleichzeitigem Tragen von Masken zu erkämpfen. Das gelang bisher in zwei Bundesstaaten. Vor Gericht trugen die Vertreter des Klans in New York vor, dass ihrer Meinung nach die Verfassung auch anonyme Meinungsäußerungen und den Aufruf zu Rassismus und Hass erlaube. In der ersten Instanz erhielten sie Recht. Ein Richter begründete das damit, dass KKK-Mitglieder Opfer von Gewalttätigkeit werden könnten, wenn sie erkannt werden, sodass ihre Anonymität eine Voraussetzung für ihre ungehinderte Meinungsäußerung sei. Die zweite Instanz entschied anders und berief sich dabei schlicht auf ein Gesetz von 1845, das Maskierung außer bei Maskenumzügen verbietet.

Auch unter den Demonstranten war die Auslegung des Rechts auf freie Meinungsäußerung umstritten. Eine kleinere Gruppe trat dafür ein, die KKK-Kundgebung ganz und gar zu verhindern, während die Mehrheit der Demonstranten dem Klan durchaus das Recht auf eine Kundgebung zugestehen wollten. „Wir schützen das Recht auf freie Meinungsäußerung“, sagte Ron Kuby, ein Anwalt der Bürgerrechtsbewegung, „selbst wenn es dumme und hasserfüllte Meinungen sind.“ Bürgerrechtsgruppen schätzen, dass der Klan in der Stadt New York allenfalls 35 bis 40 Mitglieder hat.