■ Nato macht Jagd auf Kriegsverbrecher
: Kommandant des Lagers Keraterm in Haft

Sarajevo (taz) – Mit Damir Dosen ist ein wichtiger mutmaßlicher Kriegsverbrecher von Sfor-Einheiten im Sektor Südwesten von Bosnien-Herzegowina verhaftet worden. Damir Dosen war 24. Mai bis 30. August 1992 Kommandeur im berüchtigten Lager „Keraterm“ bei Prijedor. Dort wurden mehr als 3.000 Gefangene festgehalten, mehrere Hundert sollen ermordet worden sein. Dosen wird angeklagt, Menschen ermordet, gefoltert und sexuell missbraucht zu haben. Seit Montagabend befindet sich Dosen schon in Den Haag in den Händen des Kriegsverbrechertribunals.

Es deutet sich an, dass die Sfor nun verstärkt gegen Kriegsverbrecher vorgehen will. Bei seinem Besuch in Sarajevo am Donnerstag letzter Woche hatte der neue Generalsekretär der Nato, Georges Robertson, eine Ausweitung der Aktivitäten gegen die Kriegsverbrecher in Bosnien-Herzegowina angekündigt. „Kein Kriegsverbrecher sollte sich sicher fühlen“, erklärte Robertson, „jeder soll wissen, dass er der Gerechtigkeit zugeführt wird.“

Allerdings steht die Verhaftung der wichtigsten mutmaßlichen Kriegsverbrecher, Radovan Karadžic und Ratko Mladic, noch aus. Nach Informationen aus diplomatischen Kreisen tobt seit Jahren ein Kampf hinter den Kulissen der Nato-Militärs und der politisch Verantwortlichen in Washington, London und Paris über die Festnahme der beiden. Robertson, der für seine kompromisslose Haltung bekannt ist, könnte nun Bewegung in die Entscheidungsprozesse bringen. Vor allem die französische Seite soll in der Vergangenheit die Festnahme von Karadžic und Mladic blockiert haben. Doch auch Militärs aus den USA erscheint bis heute das Risiko für die Sfor-Soldaten zu hoch, da mit erbittertem Widerstand der Leibwächter der beiden gerechnet werden muss. Lediglich die Briten vertreten schon seit 1997 eine harte Linie.

In Gesprächen mit den Sfor-Militärs in Bosnien soll Robertson nach Informationen aus Nato-Kreisen Tacheles geredet haben. Die Verhaftung von Dosen könnte ein Ergebnis dieser Gespräche gewesen sein. In der Sfor scheint tatsächlich ein neuer Wind zu wehen. Schon vor zehn Tagen wurden in dem kroatisch kontrollierten Westmostar von einem Kommando der Sfor Unterlagen beschlagnahmt, die von kroatisch-bosnischen Geheimdiensten gesammelt worden sein sollen. Erich Rathfelder