Das Portrait
: Der Seefahrer zu Land

■ Rafael Alberti

Der spanische Dichter Rafael Alberti ist gestorben Foto: AP

„Wenn meine Stimme stirbt, bringt sie ans Meer“, heißt es in einem Gedicht, das Rafael Alberti an seinem 90. Geburtstag verlas. Jetzt, sechs Jahre später, erlag der bedeutendste spanische Dichter der Gegenwart in seinem Geburtsort Puerto de Santa Maria an der südspanischen Atlantikküste einer Lungenerkrankung. Sein Leichnam wird heute eingeäschert und die Asche ins Meer gestreut.

1902 als Sohn einer bürgerlichen Familie geboren, zog er mit 15 nach Madrid. Schon bald fand er Anschluss an eine Gruppe junger Künstler, die im Wohnheim der Madrider Universität über Kunst, ihre Form und Funktion diskutierte, unter ihnen so herausragende Namen wie der Dichter Fedérico Garcia Lorca, der Regisseur Luis Buñuel oder der Maler Salvador Dali. Die Gruppe, die zugleich aus den Werken des Siglo de Oro, dem 17. Jahrhundert, und aus dem Surrealismus schöpfte, sollte als die „Generation von 1927“ bekannt werden.

Mit Alberti starb jetzt ihr letztes und ihr politischstes Mitglied. „Der Poet der Straße“, so der Titel eines seiner Bücher, gehörte bis zuletzt der Kommunistischen Partei an. Während des Spanischen Bürgerkrieges leitete er die „Theaterguerillas“, eine Wanderbühne an der Front, und war Sekretär der Vereinigung Antifaschistischer Intellektueller. Sein Engagement bezahlte er mit 39 Jahren Exil. Am 27. April 1977, 17 Monate nach dem Tod von Diktator Franco, kehrte Alberti nach Spanien zurück. Gerade rechtzeitig, um für die KP ins erste frei gewählte Parlament einzuziehen.

Zu Hause hatten sie ihn nie vergessen. Aus Frankreich und Lateinamerika eingeschmuggelte Bücher gingen von Hand zu Hand. Sein Gedicht „A galopar“ war zur Hymne der Demokratiebewegung geworden.

Alberti nannte zahllose Preise sein eigen. Den ersten, den Nationalpreis für Literatur, erhielt er 1925 für sein Erstlingswerk „Marinero en tierra“ – „Seefahrer zu Land“ – das in deutsch unter dem Titel „Zu Land, zu Wasser“ erschienen ist, den letzten 1996, in Form der Medaille Gabriela Mistral der chilenischen Regierung. Am wichtigsten war ihm selbst der nach Cervantes benannte höchste Preis für spanischsprachige Literatur 1983 und der Leninpreis 1965.

„Ich hoffe, dass ihr nie aus meinem Leben veschwindet“, sagte Alberti einmal an seine Freunde gerichtet. Jetzt ist der Seefahrer alleine auf seine letzte Reise gegangen. Doch die Spanier wird seine Poesie auch weiterhin begleiten. Reiner Wandler