Große Runde, kleine Runde

■ Die WTO-Mitglieder können sich nicht über eine Tagesordung für die neue Handelsrunde einigen. USA und EU diskutieren weiter

Berlin (taz/AFP/dpa) – Die WTO-Mitgliedstaaten haben noch vier Wochen bis zum Beginn der neuen Welthandelsrunde, aber sie konnten sich noch immer nicht auf die Tagesordnung einigen. Vertreter von 23 Staaten sowie der EU hatten bis Dienstag in Lausanne keine Einigung erreicht.

Auch nach einem Treffen zwischen EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und US-Präsident Bill Clinton in Washington am Mittwoch ist damit nicht klar, ob die von der EU gewünschte große Runde oder eher eine kleine im November in Seattle beginnen soll. Man wolle sich aber weiter um ein gemeinsames Arbeitsprogramm bemühen, verkündeten Clinton und Prodi.

Geredet wird auf jeden Fall über Landwirtschaft und Dienstleistungen, das steht seit Abschluss der letzten Handelsrunde fest. Die EU, die sich einen Tag vor dem Treffen in Washington auf gemeinsame Verhandlungspunkte geeinigt hatte, möchte darüber hinaus die Themen Investitionen und Wettbewerb aufnehmen. Die USA zieren sich noch, die Runde um diese Fragen auszuweiten. Denn sie erwarten Bewegung bei der europäischen Bananenmarktordnung und dem weiter bestehenden europäischen Importverbot für Hormonfleisch. Beide Regelungen hat das WTO-Schiedsgericht in diesem Jahr verurteilt.

Romano Prodi bat um Verständnis für den kritischen europäischen Vebraucher, der weder Hormonfleisch noch genetisch veränderte Lebensmittel akzeptiere. Vorwürfe, das Importverbot sei protektionistisch, um so den europäischen Fleischmarkt zu schützen, wies er zurück. EU-Handelskommissar Pascal Lamy sagte, die Kommission wolle noch vor der WTO-Runde eine veränderte Bananenmarktordnung vorlegen, die den WTO-Regeln gerecht werde.

Offene Ohren bei den USA fand Prodi für das Anliegen der EU, das Thema Arbeitnehmerrechte und Schutz der Umwelt in die Verhandlungen mitaufzunehmen. Diese Punkte hatte Deutschland bei der Festlegung der europäischen Agenda eingebracht und durchgesetzt.

Währenddessen hat in Lateinamerika die Interamerikanische Landwirtschaftsjunta (JIA) noch einmal betont, dass sie der Liberalisierungsrunde in Seattle fernbliebe, wenn die Landwirtschaft nicht von Anfang an einen prominenten Platz bekommt. Die EU hatte angekündigt, dass sie bei den Verhandlungen ihr System der hoch subventionierten Landwirtschaft verteidigen würde, aber über eine Verminderung verhandelt werden könne. Die Entwicklungsländer beharren auf einen radikalen Abbau der Subventionen. mra