Kitsch und Kinetoskop

■ Eigensinnig komische Schwermut: Eliseo Subielas Liebesfilm „Stirb nicht, ohne mir zu sagen, wohin du gehst“ im 3001

Wenn Carlitos, ein Roboter, der das Gehirn im Hintern trägt, mit seiner Computerstimme sagt, er sei ein Metallkörper mit argentinischem Herzen und die Pflanze Anita vor Angst zittert – dann sind das die komischsten Momente eines Liebesfilms voller Schwermut und Romantik.

Eliseo Subielas Film handelt nicht nur von den Gefühlen zweier Menschen, vielmehr von unsterblicher Seelenliebe. Wie anders lässt sich erklären, dass der Filmvorführer Leopoldo in seiner Pflanze Anita die verloren geglaubte Liebe sucht? Oder Carlitos sich ungeachtet seiner Programmierung für das Traumbild der schönen Rachel begeistert? Sie ist die Frau, die Leopoldo im Schlaf erscheint. Dank eines von ihm erfundenen Traumkollektors, kann er Rachel auf einen Bildschirm projizieren – ein wenig unscharf zwar, doch traumhaft schön.

Leopoldo gerät in die Wirrungen eines Wechselspiels zwischen Traum und Wirklichkeit, als ihm Rachel als Geist begegnet und behauptet, er sei die Reinkarnation ihres früheren Mannes William. Die Parallelen sind verblüffend: Hatte William als Assistent von Thomas Edison 1885 doch ebenfalls eine Traummaschine, das Kinetoskop, erfunden.

Neben großen Gefühlen und einer sehnsüchtigen Liebeserklärung an das Kino, ein bisschen Mystik, viel Kitsch und einem ganz eigenen argentinischen Humor reflektiert er tiefsinnig Vergänglichkeit, Erinnerung, Tod und Wiedergeburt. Und wenn Rachel Leopoldo ansieht und aus Versehen doch immer wieder William zu ihm sagt, sich gleich darauf aber mit einem entzückenden Augenaufschlag verbessert, dann wissen wir, dass auch Seelen einander lieben können.

Isabel Gentsch

3001, 20.15 Uhr