Da beginnt der Widerstand“

■ Leitbilder zwischen Sailermoon und fiesem Wrestling: Über den Umgang heranwachsender Mädchen mit Geschlechterrollenklischees

Von der Münchner Medienwissenschaftlerin Maya Götz ist soeben das Buch „Mädchen und Fernsehen“ (KoPäd-Verlag, 400 S., 49 Mark) erschienen. Wir befragten Sie zum Thema.

taz: Wie gehen Mädchen mit den oft sexistischen Rollenvorgaben in ihrem Alltag um?

Maya Götz: Schon von klein auf entwickeln Mädchen Widerstandsstrukturen. Nehmen wir z.B. die Barbie: ein grauenvolles Rollenklischee. Trotzdem spielen Mädchen durchaus widerspenstig damit: Sie schneiden ihr die Haare ab, färben sie grün, erleben Abenteuer mit ihr. Erst wenn die medialen Klischees zu groß sind, stoßen die Widerstände an Grenzen.

Revoltieren die Mädchen wie gegen Barbie auch gegen mediale Fiction-Figuren?

Nein, sie revoltieren eben genau nicht, sie bauen sich stattdessen Freiräume. Sie nehmen sich, was sie brauchen, aber es sind Freiräume in vorgegebenen Strukturen. Sie nehmen „Sailormoon“, gerade weil sie so wunderschön dem Klischee entspricht, und bauen sich etwas eigenes damit, bearbeiten damit ihre Themen.

Also selbst wenn sie Stereotypen in ihrem Sinne umwandeln, streben sie danach, wie diese „vorbildlicher“ zu werden?

Nein, sie werden nicht automatisch wie diese Stereotypen. Sie entwickeln vielmehr Gegenlesarten, drehen das teilweise auf den Kopf und lesen Dinge heraus, die gar nicht angelegt sind. In meiner Forschung geht es um ein ganz fieses Produkt: Wrestling – und was weibliche Fans damit machen. Diese Shows sind Inszenierung ganz konservativer Männlichkeit. Aber teilweise emanzipieren die Mädchen sich davon und sagen: „Das ist unglaublich, der hat was gegen runde Frauen gesagt, so ein Idiot.“ Sie behaupten sich. Da beginnt der Widerstand.

Müssten nicht eigentlich auch die Jungs bessere Helden als Wrestler kriegen?

Ja, zunächst wäre eine kritische Männerforschung nötig, die sich mit männlichen Stereotypen beschäftigt und damit, was diese für die männliche Sozialisation bedeuten. Dann könnten Konzepte zur Jungenförderung entwickelt werden, in denen z.B. eine Erziehung zu liebevollen Partnern oder fürsorglichen Vätern angebahnt wird. Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht vergessen, dass in unserer Gesellschaft Mädchen immer noch stärker benachteiligt sind.

Interview: Ania Mauruschat