: Hamburg hat digitales Filetstück vergeben
■ Ein kleiner Anbieter hat den Zuschlag für „hamburg.de“ bekommen
Die Telekom ist es nicht, die Daimler-Chrysler-Tochter debis ist es nicht, und Bertelsmann ist es auch nicht. Die Firma, die im nächsten Jahrtausend den Internet-Auftritt Hamburgs betreuen wird, heißt aller Voraussicht nach S-Online. Nach taz-Informationen hat dieser mittelständische Betrieb mit Sitz in Kiel und Hamburg im Ausschreibungsverfahren um „www.hamburg.de“ den Zuschlag bekommen.
Damit hat die Hansestadt ihre digitale Schwester verkauft. Denn der Senat will sich die Repräsentation Hamburgs auf den world-wide-web-Seiten nicht mehr leisten. Also hatten Senatskanzlei, Finanz- und Wirtschaftsbehörde im Frühjahr begonnen, einen Investor zu suchen, der ihnen die Pflege von „hamburg.de“ abnähme. Nicht nur den Willen, sich um das digitale Filetstück zu kümmern, sondern auch das dafür notwendige Kleingeld sollte er vorweisen können – von mindestens zehn Millionen Mark, in den ersten drei Jahren zu investieren, war die Rede.
S-Online kann vor allem mit Know-How aufwarten: Hier ist derselbe Fachmann Michael Faltis am Werk, der zuvor bei debis an „berlin.de“ gearbeitet hat. Als Geldgeber soll er die Schleswig-Holsteinische Sparkasse und die Telefongesellschaft Hansenet hinter sich haben. Über das Wie und Wieviel des geplanten „Public-Private-Partnership“ freilich ist man sich noch nicht einig – deshalb bewahren die beteiligten Stellen Stillschweigen. „Es wäre unglücklich, die laufenden Verhandlungen zu kommentieren“, kommentiert Senatskanzleisprecher Rainer Scheppelmann.
Die Rathaus-Fraktionen sind von soviel Schweigen in der Verwaltung genervt. Die GALierin Bettina Kähler findet es „hochgradig schwachsinnig, die interessierte Öffentlichkeit komplett auszuschließen.“ Die Ausschreiber hätten längst eine Diskussion etwa über den Grad und Umfang von Bürgerbeteiligung im Netz zulassen müssen. Auch bei den zukünftig zu beteiligenden Bürgern stößt die Geheimnistuerei der Ausschreiber auf Kritik: „Wenn kein Konzernmulti, sondern ein kleinerer Bewerber das Rennen gemacht hat, finden wir das natürlich erst einmal gut“, sagt Hans-Jürgen Maass vom Bürgernetzverein. Dieser Zusammenschluss von Internet-Interessierten mit Sitz in der Hamburger Neustadt hat das Ausschreibungsverfahren des vergangenen halben Jahres aufmerksam vefolgt – soweit das möglich war.
„Es riecht filzig, dass die Geschichte so abgedeckelt gelaufen ist“, sagt Maass. „Es wäre ein Signal gewesen, die Diskussion um die Zukunft Hamburgs im Netz öffentlich zu führen – zum Beispiel im Internet.“ uwi
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