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Jacuzzis, Tischtennis und Reisepässe

■ TelefonagentInnen im Kommunalen Call Center Harburg beantworten Fragen zu öffentlichen Diensten

Manche rufen bloß an, um zu meckern – „Über Gott und die Welt“, sagt Gülten Aytekin. „Andere, um zu reden“ – auch über Gott und die Welt. „Aber mit solchen Leuten umzugehen haben wir schon gelernt“, erklärt die 22-jährige Bürokauffrau. Sie ist eine der zwölf TelefonagentInnen im Kommunalen Call Center Harburg. Das Telefonzentrum ist jedoch kein Kummerkasten, sondern eine Auskunftsagentur für alle öffentlichen Dienste der Stadt. „Wir beantworten fast alles“, erklärt Betriebsleiter Andreas Grünwald.

Ob es um Reisepässe, Ummeldungen, Hochzeiten oder ausländerrechtliche Fragen geht: Die meisten Antworten können die AgentInnen sofort aus der Datenbank mit über 20.000 Datensätzen holen. Bei schwierigeren Fragen werden die KundInnen nach spätestens 24 Stunden zurückgerufen. Den Service gibts auf Türkisch, Französisch, Englisch und Italienisch, werktags von 8 bis 20 Uhr – und umsonst.

1400 BürgerInnen haben das Call Center in den ersten beiden Wochen nach der Öffnung Mitte Oktober schon angerufen. Nicht alle Fragen betreffen den Behördendschungel. „Der Findling in der Elbe war ein Riesenthema – bestimmt dreißig Menschen fragten, wann das Ding denn nun geborgen wird“, sagt Grünwald. Alte Damen wollen wissen, was ein Jacuzzi ist (laut Fremdwörterbuch eine Art Whirlpool), Firmen erkundigen sich nach den besten Tischtennisplätzen für ihren Tagesausflug, und andere suchen ein günstiges Fahrrad für ihren Sohn.

Betrieben wird das Call Center vom Beschäftigungsträger GATE mit Schwerpunkt in Harburg. Die zwölf AgentInnen werden hier auf ABM-Basis weiterqualifiziert. Finanziert wird das Projekt von Gerhard Schröders Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkiet; Kooperationspartner sind das Bezirksamt Harburg, das Arbeitsamt und DiBIS, der Direkte Bürger-Informationsservice im Internet.

Der Bedarf der BürgerInnen nach kompetenter Auskunft ist offensichtlich, erklärt Grünwald – „in den ersten Wochen war schon fast zuviel los.“ Das Call Center könne als mediale Ergänzung zum Internet betrachtet werden, in dessen Informationsfluten sich die meisten der Antworten verbergen. Hier sind sie allerdings meistens auch gut versteckt – „auf den Zugang zur Information kommts schließlich an“, sagt Grünwald.

Den zu haben, macht Agentin Aytekin „großen Spaß“, sagt sie. „Es ist einfach spannend, all das herauszufinden, was die Leute beschäftigt.“ uwi

Call Center Harburg, Tel.: 428 74 74

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