Atomstrom soll Wahlgeschenke finanzieren

Heute endet die Angebotsfrist: 25 Prozent der Anteile des baden-württembergischen Stromversorgers EnBW stehen zum Verkauf. Die besten Chancen auf den Zuschlag hat die Electricité de France  ■  Von Bernward Janzing

Der französische Stromkonzern Electricité de France (EdF) drängt mit seinem Atomstrom immer stärker auf den deutschen Markt. Jetzt kann die Firma sogar auf einen 25-prozentigen Anteil an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) hoffen. Denn das Land will seine EnBW-Aktien möglichst schnell verkaufen – Ministerpräsident Erwin Teufel braucht viel Geld für Wahlgeschenke vor der Landtagswahl im übernächsten Jahr.

Wenn am heutigen Dienstag die Angebotsfrist für die landeseigenen 25,2 Prozent EnBW-Anteile endet, wird die EdF unter den Bietern die besten Chancen haben. Denn bei allen anderen Interessenten – dem RWE, dem Bayernwerk sowie einem Konsortium aus VEW und dem US-Unternehmen TXU Eastern Group – liegen kartellrechtliche Probleme auf der Hand. Schließlich sind RWE und VEW jüngst in Fusionsverhandlungen getreten, und auch das Bayernwerk als Unternehmen des Viag-Konzerns ist durch die beschlossene Fusion von Viag und Veba ins Blickfeld der Kartellwächter gekommen.

Finanzminister Gerhard Stratthaus, dessen Ressort den Verkauf der Anteile abwickelt, lobt bereits, dass die EdF für die EnBW schon in der Vergangenheit „ein verlässlicher Partner“ gewesen sei. Und noch ehe die Diskussion um den Einstieg des französischen Atomkonzerns in Baden-Württemberg richtig losgetreten ist, erklärt der Finanzminister bereits, man dürfe die EdF nicht mit „einseitigen Darstelllungen verteufeln“ – womit er absehbarer Kritik an dem zu 78 Prozent aus Atomstrom bestehenden EdF-Mix vorgreift.

Für die EdF ist der Einstieg bei der EnBW sehr attraktiv. Denn nur so kann der französische Staatskonzern von der Marktliberalisierung in Deutschland voll profitieren. Denn Frankreich hat seinen Markt, anders als Deutschland, bislang nur zum Teil geöffnet. Aufgrund der so genannten Reziprozitätsklausel im europäischen Energiewirtschaftsrecht dürfen Konzerne aber nur in anderen Ländern mitmischen, wenn auch in ihrem Heimatland entsprechender Wettbewerb herrscht. Da Kleinverbraucher in Frankreich ihren Versorger noch nicht wechseln dürfen, darf die EdF die Haushalte in Deutschland nicht direkt versorgen. Durch den Einkauf in die EnBW gelingt ihr das durch die Hintertür.

Weder EnBW noch das Land wollen sich aktuell zu ihren Prioritäten äußern. Doch wenn der Finanzminister erklärt, die EnBW brauche „einen strategischen Partner“, dann liegt nahe, dass er an die EdF denkt. Denn mit einem jährlichen Stromabsatz von 460 Milliarden Kilowattstunden ist die EdF gut zehnmal so groß wie die EnBW.

Parallel mit dem Land wollen auch die Technischen Werke Stuttgart ihre Anteile in Höhe von 8,7 Prozent verkaufen. Die Stuttgarter machen es sich leicht: „Wir hängen uns als Juniorpartner ans Land dran“, sagt eine Sprecherin.

Während der Finanzminister noch davon spricht, dass der Verkauf eine „Gratwanderung“ sei, „zwischen einem möglichst hohen Erlös und zusätzlichen strukturpolitischen Forderungen an die Kaufinteressenten“, ist hinter den Kulissen eines bereits sicher: Der Verkauf der Anteile wird mit Sicherheit Arbeitsplätze kosten.