Keine Ostalgie!

■ Cornelia Schirmers DDR-Liederabend Fritz, der Traktorist im Schmidt

Während ihrer siebenjährigen Ensemblearbeit am Thalia Theater spielte Cornelia Schirmer in der Inszenierung von Sugar Dollies eine Frau aus dem Osten. Von dem Pionierlied, das sie darin anstimmen sollte, konnte sie gerade mal drei Zeilen aus dem Kopf singen, danach verließen sie ihre Kindheitserinnerungen. Dabei stammt Cornelia Schirmer aus Thüringen, kannte die Pionierarbeit, war bei der FdJ und kam erst nach dem Ost-Berliner Schauspielstudium in den Westen.

Durch diese Erfahrung aufgewühlt, begann sie vor zwei Jahren mit dem Aufstöbern von Liedgut aus der untergegangenen DDR. Sie erstand alte Platten, neu aufgelegte CDs, sortierte Biermann aus, weil der ihrer Ansicht nach ein eigenes Programm verdient hat, bekam Tipps von allen Seiten, und noch so mancher Freund kramte mit. Sowas ist schließlich ansteckend, weil amüsant. Wer käme schon darauf, dass ein Liebeslied „Fritz, der Traktorist“ heißt? Herausgekommen ist ein gleichnamiger Abend mit „archäologischen“ Funden aus 40 Jahren Lied- und Schlagerkultur der DDR. Cornelia Schirmer will dabei weder glorifizieren, was an Träumen existierte, noch sich darüber lustig machen. Wichtig ist ihr dabei eines: bloß nicht bei der häufig angestimmten Ostalgie mittun. Ihr Motto für den Liederabend lautet vielmehr „nostalgisch, aber un-ostalgisch“.

Hilfreich für das Vermittlung des Honecker-Slangs an Nicht-Eingeweihte war die Zusammenarbeit mit zwei waschechten Wessi-Musikern: dem Konzertpianisten Laurenz Wannenmacher, der auch bei Bob Wilsons Alice mitgewirkt hatte, und dem Pianisten und Keyboarder Ralf Schwarz, bekannt durch MäGaDäM, die Strombolis sowie Stefan Gwildis & the Drückerkolonne. „Was um alles in der Welt ist das, was soll das, wen meint der Song?“ lauteten die Fragen der beiden, wenn Cornelia Schirmer Lieder wie „Ein Staat geboren aus Volkes Not“, „Meine Mutti ist Abteilungsleiter“ oder „Pionier zu sein fetzt ein“ zum Besten gab. Daraufhin erzählt und erklärt sie zwischen all den Skurrilitäten immer wieder, wie das so war in ihrer Heimat. Dafür kommt sie gerne noch mal nach Hamburg, denn inzwischen hat es sie schon wieder Richtung Osten verschlagen – als Ensemblemitglied des Deutschen Theaters in Berlin. Stefanie Heim

Mo, 8. November, 20 Uhr, Schmidt