Embargo gegen Serbien steht in Frage

■ Die US-Regierung und Joschka Fischer plädieren für eine Lockerung des Embargos, um der serbischen Opposition zu helfen

Washington (taz) – Die USA haben die Aufhebung der Sanktionen gegenüber Serbien für den Fall angekündigt, dass allgemeine und freie Wahlen im Land ausgeschrieben werden. Das kündigte Madeleine Albright auf einer Pressekonferenz anlässlich des Besuchs einer Delegation serbischer Oppositionspolitiker in Washington an. Diese Ankündigung läuft auf einen deutlichen Wandel der amerikanischen Position hinaus, wonach die Sanktionen ursprünglich fortbestehen sollten, solange Miloševic an der Macht ist.

Bislang hatten die USA sich auch einem europäischen Plan widersetzt, der die Lieferung von Öl an Gemeinden vorsah, in denen die Opposition an der Macht ist. Es wurde befürchtet, dass der Vertrieb des Treibstoffs über Miloševic' Geschäftsfreunde abgewickelt werden könnte, was just jenen Teil der Sanktionen schwächen würde, der Miloševic' Machtbasis treffen sollte. Eine Verbesserung der Versorgung im kommenden Winter könnte überdies den wirtschaftlichen und politischen Druck von Miloševic nehmen. Andererseits würde die Verweigerung von Öllieferungen das Regime insofern stärken, als es mit dem Argument Solidarität zu mobilisieren vermag, die ganze Welt habe sich gegen Serbien verschworen.

Die USA hatten bereits zu Beginn der Woche den Widerstand gegen die Belieferung der Gemeinden Nis und Cacak aufgegeben, deren Bürgermeister sich zur Zeit in Washington befinden. Die Ankündigung, auch weiter gehende Sanktionen aufzuheben, geht über diesen als Pilotprojekt bezeichneten Schritt hinaus. Allerdings birgt auch das jetzt angebotene Tauschgeschäft – Sanktionsaufhebung gegen Demokratie – Risiken. Zwar hat eine vom Washingtoner National Democratic Institute in Auftrag gegebene Umfrage ergeben, dass Miloševic in Jugoslawien unpopulär und isoliert ist – nur 18 Prozent der Befragten würden für Miloševic' Partei, 47 Prozent aber für eine Vereinte Opposition stimmen –, doch diese Opposition ist eben nicht vereint, sondern notorisch zerstritten. Miloševic könnte es gelingen, die Oppositionsgruppen gegeneinander auszuspielen, um am Ende doch als Sieger dazustehen. Der Demonstration von Einigkeit auf Seiten der Opposition diente denn auch der Besuch Zoran Djindjic', des Vorsitzenden der Serbischen Demokratischen Partei, zusammen mit anderen Politikern der Vereinten Opposition. „Ich finde es wirklich, wirklich, wirklich schwer, mir vorzustellen, dass Miloševic bei freien und fairen Wahlen gewinnen könnte“, sagte Albright auf ihrer Pressekonferenz.

Bundesaußenminister Joschka Fischer, der zur Zeit in Washington weilt, sagte am Mittwochabend vor Journalisten, dass man über dem Geplänkel darüber, wie, wann und in welcher Form welche Sanktionen ganz oder teilweise aufgehoben werden könnten, nicht das Ziel aus den Augen verlieren dürfe: „Frieden wird es auf dem Balkan erst geben, wenn die Ursachen des Krieges beseitigt sind, und die liegen im serbischen Nationalismus, den Miloševic zu mobilisieren versteht.“ Die Demokratisierung der serbischen Gesellschaft sei die wichtigste Aufgabe. Nicht die Schaffung einer isolierten Festung Serbien, sondern die Öffnung der Gesellschaft sei das geeignetste Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, meinte Fischer.

Peter Tautfest