Pfannkuchenweise

Land machen ist in Holland kein neues Phänomen. Seit Jahrhunderten werden dem Wasser Ackerbau- und Siedlungsflächen abgerungen. Auch Amsterdam ist so entstanden.

Mit der Einpolderung großer Gebiete im Ijsselmeer – ein Binnensee, der vor dem Bau des dreißig Kilometer langen Abschlussdeiches (1932) Zuiderzee hieß – haben die Niederländer in den letzten Jahrzehnten 165.000 Hektar Land dazugewonnen: durch Trockenlegung vorab eingedeichter Wasserflächen. Wieringermeerpolder (1927 – 1930), Noordoostpolder (1937 – 1942), Ostflevo- (1950 – 1957) und Südflevoland (1959 – 1968) liegen wie große Teile der Niederlande unter dem Meeresspiegel.

Das neue Land, das bis zum Jahre 2009 vor den Toren Amsterdams entsteht, wird nicht unter, sondern über dem Wasserspiegel liegen. Für die sechs künstlichen Inseln im Ijmeer mit einer Gesamtfläche von 420 Hektar haben Hollands Wasserbauexperten eine ganz neue Technik entwickelt: die „Pfannkuchenmethode“.

Dabei wird eine fünf Meter dicke Sandschicht aufgetragen, die das Wasser, das an dieser Stelle nur anderthalb bis zwei Meter tief ist, sukzessive verdrängt. Der Sand, der in bis zu dreißig Metern Tiefe im fünfzehn Kilometer entfernten Markermeer gewonnen wird und den Schiffe zum Einsatzort transportieren, wird in sechs Schichten aufgesprüht: drei unter und drei über dem Wasser.

Schichtweise deshalb, weil der noch wässrige Untergrund das Gesamtgewicht des Sandes nicht würde tragen können. Erst nach und nach wird das Wasser herausgepresst, der Boden „setzt“ sich.

Computergesteuerte Sprühpontons, die speziell für Ijburg entwickelt wurden, verteilen unter Wasser die Sand- und Wassermischung zentimetergenau über den Boden. An der Oberfläche tragen Sandpumpen mit einer Kapazität von jeweils 3.500 PS in 24 Stunden 2.300 Kubikmeter Sand auf.

Sobald der Sand Oberwasser hat, treiben Kräne Entwässerungsröhrchen acht Meter in den Boden, um das „Setzen“ zu beschleunigen; das Wasser steht durch das Gewicht des Sandes unter großem Druck, es wird hochgepresst und anschließend abgeleitet. Insgesamt senkt sich die fünf Meter dichte Sanddecke am Ende etwa anderthalb bis zwei Meter. Die Inseln werden anderthalb Meter über dem Wasserspiegel liegen, ihre Ufer werden um zusätzliche anderthalb Meter verstärkt.

25 Millionen Kubikmeter Sand erfordert das Fundament von Ijburg, sechs Millionen wurden bereits auf die ersten Inseln, Haveneiland und Rieteiland, verwandt. Die „Pfannkuchenmethode“ wurde in der Praxis getestet. So hat die Stadt Amsterdam 1995 eigens eine Versuchsinsel aufschütten lassen, um zu prüfen, wie man das Vorhaben am schnellsten und billigsten umsetzen könne. Auch bekamen die Planer so eine Vorstellung von Kosten (12,3 Milliarden Mark) und Dauer (fünfzehn Jahre) des Gesamtprojekts. Henk Raijer