Minister dementiert Präsident

■ Indonesiens Regierung uneinig über Aceh-Referendum

Bangkok (taz) – Ein Unabhängigkeitsreferendum in Indonesiens rebellischer Provinz Aceh ist nicht in Sicht, erklärte gestern Außenminister Alwi Shihab in Jakarta. Ein solches Votum könne zum Zerfall des Vielvölkerstaates führen. Damit reagierte der Politiker auf Präsident Abdurrahman Wahid, der am Vortag vor Journalisten Verständnis für die Forderung nach einem Referendum in Aceh gezeigt hatte. Wahid sagte: „Wenn wir das in Osttimor machen konnten, warum dann nicht auch in Aceh?“ Allerdings fügte er einschränkend hinzu, ein Referendum sei derzeit nicht in Sicht. Voraussetzung sei das Einverständnis des Parlaments und der Armee. Wahids Bemerkungen schlugen in Jakarta wie eine Bombe ein. Militärs und Politiker warnten vor einem Zerfall Indonesiens.

Seit Wahids Wahl vor zwei Wochen schlug er einen neuen Kurs gegenüber der Unabhängigkeitsbewegung in Aceh ein. Er versprach mehr Autonomie und begann einen Dialog mit Vertretern von „Freies Aceh“, die seit den 70er-Jahren gegen Indonesien kämpfen. Er kündigte an, Sondereinheiten der Armee aus Aceh abzuziehen. Seit 1989 fielen den Militärs in Aceh nach Berichten von Menschenrechtsgruppen über 2.700 Zivilisten zum Opfer, über 3.800 verschwanden spurlos. „Freies Aceh“ überfiel in den letzten Monaten Polizisten, Soldaten und Staatsangestellte, um die Gegner der Unabhängigkeit einzuschüchtern. Befürworter eines Referendums wollen in Acehs Haupstadt am Montag eine Million Menschen auf die Straße bringen.

Jutta Lietsch