Veraltete Faxtechnik

■ Simulierter Atom-Unfall zeigt: Katastrophenschutz schwächelt

Immer das Gleiche: Die öffentliche Hand muss sparen und kann sich deshalb keine moderne Bürotechnik zulegen. Die Simulation eines möglichen Atom-Unfalls im Kraftwerk Krümmel hat am Sonnabend die Faxgeräte mancher Stäbe als Achillesferse des Katastrophenschutzes offenbart. Die beteiligten Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Meck-Pomm haben sich außerdem nicht einigen können, wie die Öffentlichkeit zu informieren sei. Und dann die Papierflut: Allein in Kiel wurden während der Übung 1700 schriftliche Informationen an die Krisenstäbe versandt. Ob es dadurch Tote gegebem hätte, wurde nicht bekannt.

Die wichtigsten Fragen sind unbeantwortet geblieben, kommentierte Greenpeace: Wie viele Menschen ihr Zuhause für immer hätten verlassen müssen und für wen jede Hilfe zu spät gekommen wäre. „Die katastrophalen Folgen in einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland kriegen auch Katastrophenschutzmaßnahmen nicht in den Griff“, sagte der Energieexperte Veit Bürger. Vor einer Atomkatastrophe gebe es nur einen Schutz: „Abschalten“.

Das Übungsszenario sah morgens um sechs einen Riss in einer Frischdampf-Leitung vor. Der Reaktor wurde sofort abgeschaltet. Weil zwei Ventile nicht schlossen, strömten 15 Tonnen radioaktiv verseuchter Dampf ins Reaktorgebäude und über den Kamin ins Freie. Die Umgebung des Meilers bei Geesthacht wurde evakuiert. Ein solch schwerer Unfall sei „katastrophentechnisch beherrschbar, ein GAU (Kernschmelze) nicht“, erklärte der schleswig-holsteinische Energie-Staatssekretär Wilfried Voigt (Grüne).

Weil sie fürchtet, dass das Jahr-2000-Problem zu einem Atom-Unfall führen könnte, will die Regenbogen-Gruppe in der nächsten Sitzung der Hamburger Bürgerschaft beantragen, dass künftig mit realistischen Szenarien gearbeitet wird: Große Mengen von Radioaktivität könnten in nur drei bis vier Stunden aus dem AKW Krümmel austreten, so die Abgeordneten. Das zu evakuierende Gebiet müsse viel grösser sein als die heutige Zehn-Kilometer-Zone. Die KatastrophenschützerInnen sollten eine Vollübung unter Beteiligung von Firmen, Schulen und Kindergärten veranstalten. Gernot Knödler