Wo ist die Million?

■  Spende für einen Waffendeal: Leisler Kiep hält sich für unschuldig. Auch die CDU will von dem Geld nichts gesehen haben

Berlin (taz) – Mit Steuerhinterziehung und Parteispenden kennt Walther Leisler Kiep sich aus – muss der Augsburger Staatsanwalt gedacht haben, als er den Ex-Politiker wegen Hinterziehung von 529.000 Mark anklagte. Eine Million Mark soll der Waffenhändler Karlheinz Schreiber an den damaligen CDU-Schatzmeister Kiep gezahlt haben, auf dass dieser ein lukratives Rüstungsgeschäft, 36 Panzer für Saudi-Arabien, durch den widerspenstigen Bundessicherheitsrat schleuse. Die Summe sei erstens Bestechungsgeld und zweitens nicht versteuert worden, so vermutet der Haftbefehl.

Aber mit Steuerhinterziehung und Parteispenden kennt Walther Leisler Kiep (73) sich aus: Gar nichts habe er entgegengenommen, erklärte er gelassen vor Gericht und Presse, vielmehr soll CDU-Finanzberater Horst Weyrauch die Parteispende im Empfang genommen und an die CDU überwiesen haben. Doch die Partei wälzte flugs die Kontoauszüge und fand dort keine Millionenspende. Eine solche hätte die Christdemokraten auch in arge Erklärungsnöte gebracht, denn nach dem letzten großen Parteispendenskandal sind die Parteien verfassungsgerichtlich verdonnert worden, alle Spenden über 20.000 Mark offen zu legen: Die verschwiegene Zuwendung eines Waffenhändlers, eine Woche vor dem Beschluss des Bundessicherheitsrates, Panzer nach Saudi-Arabien liefern zu lassen, das sähe gar nicht gut aus. Schon denken die Grünen und der SPD-Fraktionschef Peter Struck laut über einen Untersuchungsausschuss nach. Entsprechend unwirsch raunzte Helmut Kohl der ARD ins Mikrofon, dass er und die Parteispitze „in keiner Weise involviert“ seien.

Wo aber ist die Million geblieben? Die Süddeutsche Zeitung will aus der Vernehmung des Finanzberaters Weyrauch erfahren haben, dass das Geld tatsächlich nicht bei der CDU landete, sondern unter den Finanzberatern aufgeteilt wurde: ein Teil sei an den Mitarbeiter Kieps, Uwe Lüthje, gegangen, ein anderer an Weyrauchs Anwaltskanzlei – als „Sondervergütung“ für ihre Lebensleistungen. Der Frankfurter Steuerberater Weyrauch betreut seit Jahrzehnten die Parteifinanzen der CDU, sein Name tauchte immer wieder im Zusammenhang mit Parteispenden auf. Lüthje war ebenso wie Kiep im Parteispendenprozess Anfang der Neunzigerjahre angeklagt, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Walther Leisler Kiep wurde damals zwar zu einer Geldstrafe verurteilt – wegen eines Verfahrensfehlers aber ein Jahr später wieder rehabilitiert.

Mit Parteispenden und Steuerhinterziehung kennt Walther Leisler Kiep sich also aus. Aber auch damit, wie man aus unangenehmen Verfahren wieder hinaus kommt: Fürs Erste hat er eine Kaution hinterlegt: eine halbe Million Mark – und schon ist er wieder frei. Und wohin die Spenden-Million verschwunden ist? Kiep will diese Woche die Belege dafür vorlegen – wäre doch gelacht, wenn die sich nicht irgendwo in dieser ehrenwerten Gesellschaft auftreiben ließen. Heide Oestreich