„Verona“ kommt unter den Hammer

■ Über drei Monate lag das Schiff im Hafen. Nun fliegen die Seeleute ohne Heuer heim

Ein Blick für Heimatgefühle: Vorne rechts der Michel, geradeaus die Landungsbrücken, hinter dem Rücken Windräder und überall Elbe, Schiffe, Hamburger Hafen. Aber wenn der Blick sich nie ändert, und die Heimat ein paar Tausend Kilometer weit weg ist, ist es nichts weiter als die Aussicht aus einem Gefängnis. Über drei Monate haben acht polnische und philippinischen Seemänner an Bord der „Verona“ im Hansahafen festgesessen (taz berichtete). Ihr Reeder hatte das Schiff verlassen, ohne ihnen Heuer zu bezahlen. Donnerstag fliegen die letzten drei Philippinos nach Hause, das Schiff soll zwangsversteigert werden. „Ich habe meine Familie seit sieben Monaten nicht gesehen“, sagt Chef-Offizier Romulo Panopio.

„Wir haben es mit einem verlassenen Schiff zu tun“, sagt Ulf Christiansen, Inspektor bei der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF). Für ihn ist der Reeder, der in Malta eine Briefkastenfirma hat, aber in Stockholm sitzt „ein Psychopath“. Er wolle nicht ausschließen, „dass der Mann im Gefängnis landet“. Die ITF werde nicht ruhen, bis die Seeleute ihr Geld haben.

Die Wasserschutzpolizei hatte die „Verona“ Ende Juli wegen Sicherheitsmängeln am Auslaufen gehindert. Das Schiff machte im Hansahafen fest. „Der Kapitän bat mich um Hilfe, weil die Vorräte zu Ende gingen“, erzählt Christiansen. Seitdem beschäftigt die „Verona“ ihn. Der Reeder habe alle Gesprächsangebote abgelehnt, er schuldet den Seeleuten noch 96.000 Dollar. Dass ihnen diese Summe zusteht, bestätigte das Hamburger Arbeitsgericht Ende September. Auch das war dem Reeder egal. Verkaufsangebote in Höhe von 150.000 bis 180.000 Marke haben ihn ebensowenig interessiert wie die Drohung, dass Schiff zu versteigern. „Wir haben den Leute geraten, jetzt nach Hause zu fahren, die Dinge gehen ihren Gang“, sagt Ulf Christiansen. Der polnische Teil der Crew ist schon weg: „Einige Familien hatten große Schwierigkeiten, weil ihnen Geld fehlte und mussten aus ihren Wohnungen raus.“ Für die Phillipinos haben ITF und der Seemannsclub Duckdalben Geld vorgestreckt.

„Ich bin guter Hoffnung, dass wir unser Geld noch bekommen“, sagt Mario Matalines. Er freut sich auf Zuhause und ist dankbar: „Für die Hilfe.“ Die Hilfe der Hamburger Tafel, die die Seeleute über Monate versorgt hat, die Hilfe der Wasserschutzpolizei, die auch Essen gebracht hat, die Hilfe der Firma Max Jens, die Seeleute, Besucher, Lebensmittel immer wieder kostenslos zwischen Schiff und Land hin- und hergefahren hat. Die „Verona“ wurde noch gestern in einem anderen Teil des Hafen überführt und dort winterfest gemacht. „Bis zur endgültigen Übergabe an einen neuen Besitzer werden noch Monate vergehen“, sagt Ulf Christiansen. Sandra Wilsdorf