Nachts, wenn die Polizei kommt. . .

■  Private Feier eskaliert nach Polizeieinsatz. Wohnung wird geräumt. Polizei spricht von „körperlichen Widerstandshandlungen“. Gäste werfen ihr brutale Gewalt vor

Im Treppenhaus steht: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Die Wände sind mit Bildern und Zitaten verziert. Auf jedem Stockwerk ist ein anderer Spruch zu lesen. Etwa: „Edel sei der Mensch hilfreich und gut“. Von Wilhelm Busch steht geschrieben: „Ich bin ein ganz famoses Haus“.

Das „ganz famose Haus“ steht in der Bötzowstraße 34. Am vergangenen Samstag wurde hier eine Party gefeiert. Bis die Polizei kam. Gegen 0:30 Uhr räumte sie die Wohnung. Wegen Ruhestörung. Auf der Straße eskalierte der Konflikt. Zwei Gäste der Feier klagen nun über Prellungen. Eine Frau wurde festgenommen.

Gastgeberin Ingrid R. und Partybesucher erzählen die Geschichte so: Die Polizei hat bei ihren ersten beiden Besuchen die Lautstärke der Party moniert. Man schließt Fenster und Türen, dreht die Bässe raus. Die Polizei gibt ihr Okay. Dann stehen die Beamten erneut in der Tür. Diesmal etwa dreißig. „Musik aus, Gäste raus!“ lautet das Kommando. Weil das nicht schnell genug passiert, stürmt die Polizei die Wohnung, drängt die Leute auf die Straße.

Die Gäste sind sauer, buhen die Beamten aus. Die Polizei fordert sie auf, die Straße zu verlassen. Erst nach der dritten Aufforderung bewegt sich die Gesellschaft langsam in Richtung Volkspark Friedrichshain. Zu langsam? Ein Polizist schubst eine 22-Jährige meterweit über den Boden. Prellungen am ganzen Körper und Verdacht auf Gehirnerschütterung sind die Folgen.

Ihre 34-jährige Freundin Lida P. beschimpft die Polizisten: „Ihr seid nur auf Gewalt trainiert.“ Die reagieren prompt. Etwa zehn Beamte reißen sie zu Boden, springen auf sie, legen ihr Handschellen an und zerren sie in einen Mannschaftswagen. Sie erleidet Prellungen an Brustkorb, Hüfte und Händen. Ihre Handtasche mit den Ausweisen darf die Italienerin trotz Bitten nicht mitnehmen. Die Tasche bleibt auf der Straße liegen und wird später nicht wiedergefunden.

Lida P. wird zur Polizeistation in Hohenschönhausen gebracht. Dort werden ihr Blut und Fingerabdrücke abgenommen. Drei Glatzköpfe im Warteraum beschimpfen sie als „Nutte“ und fragen sie, „ob sie ihnen einen blasen will“. Polizisten, die dabeistehen, lachen. Ein Telefonat wird der Frau verweigert.

Ein Polizeisprecher schildert die Ereignisse so: Etwa 50 Personen feiern bei lauter Musik und geöffneten Fenstern. Weil sich daran trotz eindringlicher Aufforderung nichts ändert, wird Verstärkung angefordert. Die Mieterin zeigt Einsicht und räumt mit Unterstützung der Polizei die Wohnung. Auf dem Gehweg versammeln sich 30 bis 40 alkoholisierte Gäste. Die Gruppe löst sich trotz Aufforderung zunächst nicht auf. An der Ecke Hufelandsraße kommt es zu „körperlichen Widerstandshandlungen“. Deswegen sei Anzeige erstattet worden.

Aber war die Party wirklich so laut? Andere Hausbewohner haben ruhig geschlafen und nichts gehört. Sylvia Hassa von gegenüber wird erst durch den Polizeieinsatz geweckt. Nylitta und Jens Druse beobachten von ihrem Balkon gegenüber, wie „reichlich Polizei“ mit ihren Schilden die Menschen vor sich her schiebt. „Eine Frau wollte wohl eine Anzeige machen, weil sie zu grob angefasst wurde“, sagt Jens Druse. Dann sei sie auf den Boden geworfen worden. „Und selbst da hat man noch auf sie eingeschlagen.“

Gereon Asmuth, Jan Brandt