Die hl. Drei-Einfaltigkeit oder X3

■ Talking about my Generation X: eine Umfrage zur Hamburger Lesung von Douglas Coupland

taz: Hallo, schön, daß ihr euch kurz Zeit nehmt. Viel hört man über die sogenannte Generation X. Was genau ist das eigentlich?

Friedrich Durchblick: Einfache Frage – nicht ganz so einfache Antwort. Wißt ihr, pauschale Aussagen über eine ganze Generation zu treffen, empfände ich als Gang auf ziemlich dünnem Eis.

Gut, machen wir es konkret: Fühlt ihr euch der Generation X zugehörig?

Kirsten Überblick: Total. Absolut, ja. Das meiste in meinem Buch stimmt mit meinem Leben verblüffend genau überein.

Elsbeth Einblick: Ich persönlich, also, wenn ihr mich direkt fragt . . . nicht wirklich!

Friedrich Durchblick: Dieses Schubladendenken bringt uns doch nicht weiter. Es ist falsch zu glauben, daß Kategorisierung hilfreich ist, wenn man sich dem Menschen, ich betone: dem Menschen, nähern will; man verengt eher, als daß man etwas freilegt.

Wird denn zumindest, wie dort behauptet, die Kultur immer schneller?

Elsbeth Einblick: Meiner Meinung nach . . .

Friedrich Durchblick (nachdenklich): Schneller ja, aber auf eine gewisse Art irgendwo auch langsamer.

Kirsten Überblick (fällt ihm ins Wort, barsch): Blödes Gewäsch! Natürlich wird alles schneller. Da hat der Coupland völlig recht.

Und – werden wir langsamer?

Elsbeth Einblick: Wenn du mich fragst: bescheuerte Frage.

Kirsten Überblick: Nein, gar nicht. Ich weiß nicht, ich fühle mich manchmal schon irgendwie . . . wie gelähmt.

Friedrich Durchblick: Die Kultur wird schneller, wir langsamer – das ist doch alles nur graue Theorie.

Um wieder konkret zu werden: Wie schnell lauft ihr denn auf 100 Meter?

Elsbeth Einblick: Also, ich kann da bestimmt keinen Blumentopf gewinnen! (prustet)

Kirsten Überblick: Oh, mein Gott, so was Absurdes, sich selbst an und in Sekunden zu messen, wie geht denn das zusammen mit der Verweigerungshaltung der Generation X?

Friedrich Durchblick: Korrekt. Schnelligkeit in Sekunden zu messen hieße doch quasi, Eulen nach Athen zu tragen.

Aber im Laufschritt. Ohnedies: Die Zeit ist ja immer schneller. Läuft sie uns davon?

Friedrich Durchblick: Man könnte jetzt ja sagen, man könnte aber auch sagen: nein. Wohin sollen diese abstrakten Überlegungen führen?

Elsbeth Einblick: Also, ich kann ja nur von mir sprechen, aber jedenfalls hat mich neulich mein Freund gefragt, was wir eigentlich an Sylvester machen. Da habe ich echt die Krise gekriegt: Schon wieder ein Jahr rum, das kann doch nicht wahr sein.

Kirsten Überblick: Das Tolle an den Büchern von Douglas Coupland ist ja, daß die Zeit zwar schon irgendwie wegläuft, daß das aber auch im Endeffekt egal ist. Also, man kommt nie an – im Gegenteil.

Soso. Stichworte Generationskonflikt, Generationenvertrag.

Friedrich Durchblick: Ihr seid richtige Stereo-Typen. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Man muß doch vom Einzelfall aufs Generelle schließen, nicht umgekehrt. Sicher gibt es Konflikte, aber doch auch Gemeinsamkeiten. Und das Vorhandensein derer ist doch die Basis für ein funktionierendes soziales Gefüge; und bei allen Schwierigkeiten funktioniert es ja nun mal. Da gibt es kein Umhin.

Kirsten Überblick: Ach ja? Wo lebst du denn?

Friedrich Durchblick: In Hamburg.

Elsbeth Einblick: Ich auch.

Und die damit einhergehende, zwar schleichende, aber doch zunehmende Generosität?

Elsbeth Einblick: Was ist denn das für ein Kuddelmuddel? Soll das ein Mischmasch sein aus Generation, und, äh . . .

Kirsten Überblick: Animosität?

Friedrich Durchblick: Generosität? Macht euch doch nicht lächerlich.

Dann eben euch. Hätten wir euch gerne abgenommen.

Friedrich Durchblick: Alles ist relativ.

Elsbeth Einblick: Ich muß jetzt wirklich zum Bus.

Kirsten Überblick: Sehen wir uns denn bei der Lesung?

Sicher.

Interview und Polaroids: Ulrike Peil und Benjamin von Stuckrad-Barre