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Bußgeld für Antirassismus

■ Taxifahrer wegen ausländerfreundlicher Aufkleber angezeigt / Angeblich „diffamierende Meinungsäußerung“ Von Ulrike Winkelmann

„Alle Rassisten sind Arschlöcher. Überall.“ – eine sprichwörtlich gewordene Feststellung mit hohem Identifikationswert. Dies finden zumindest acht Fahrer der alternativen Hamburger Firma das taxi, die sich den Aufkleber des „Café Exil“ mit diesem Spruch an ihre Wagentüren geklebt haben.

Für die Hamburger Verkehrsbehörde, bei der eine anonyme Anzeige einging, sind die Aufkleber allerdings nicht rechtmäßig: Die Fahrer wurden aufgefordert, die Aufkleber zu entfernen und ein Warngeld von 75 Mark zu bezahlen. Nach § 26 der „Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr“ (BOKraft) sei nämlich „politische und religiöse Werbung an Taxen“ unzulässig. Da die acht Taxifahrer widerspenstigerweise keine Reaktion und erst recht keine Einsicht zeigten, legte die Behörde nach: Vorige Woche erhielt der erste von ihnen einen Bußgeldbescheid über 275 Mark.

„Wir werden weder den Aufkleber abmachen noch das Geld bezahlen“, erklärt Martin Beckmann, einer der zurechtgewiesenen Taxiunternehmer. Notfalls werde man es zu einem Prozeß kommen lassen. Für die Fahrer ist der Umstand, daß sich jemand an dem Spruch stößt, ein Beweis für seine Richtigkeit.

Die Arbeit des Cafés, eine ehrenamtlich geführte Beratungseinrichtung für Flüchtlinge in unmittelbarer Nachbarschaft zur Ausländerbehörde in der Amsinckstraße, halten die Taxifahrer für „unerläßlich in dieser Stadt“, wie sie in einem Brief an Bau- und Verkehrssenator Eugen Wagner (SPD) schreiben. Darum fordern sie, daß die Behörde die Verfahren einstellen soll, sonst „muß für uns der Eindruck entstehen, daß sie sich für die Interessen und Ziele derjenigen einspannen läßt, die die Werbung zur Anzeige gebracht haben.“

Bei der Baubehörde ist man etwas beleidigt: „Unsere Taxenstelle ist nicht rassistisch“, erklärt Behördensprecher Matthias Thiede und verweist auf die Rechtsprechung: „Die Taxenabteilung hat den Satz als politische, diffamierende Meinungsäußerung gewertet und ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Den Fahrern steht jetzt der normale Rechtsweg offen.“

Mit zweifelhaften Erfolgsaussichten, denn bereits Anfang der achtziger Jahre war in einer Landgerichts-Entscheidung ein „Atomkraft – nein danke“-Sticker im Unterschied zu „reiner Wirtschaftswerbung“ als Verletzung der „Chancengleichheit der Taxenunternehmen“ gewertet und deshalb untersagt worden.

Joachim Püttmann, erster Vorsitzender des Taxenverbandes „für das Personenkraftgewerbe“, hält die jetzt angegriffene Aussage „nicht für sehr politisch“ und wundert sich: „Der Bundestaxenverband hat doch sogar selbst schon einen ,Mein Freund ist Ausländer'-Aufkleber herausgebracht.“

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