Bahnfirma Adtranz muss mehrere Fabriken schließen

■ Allein am Standort Nürnberg sollen 900 Mitarbeiter freigesetzt werden. DaimlerChrysler-Tochter will durch Verschlankung ihre Leistungsfähigkeit stärken

Berlin (taz-light) – Der Bahntechnikhersteller Adtranz will sich von Ballast befreien, um endlich die Firmenbilanz ins Lot zu bringen. Durch die Schließung des Werkes in Nürnberg, die zur Freisetzung von 900 Mitarbeitern führt, soll der Konzern endlich gesundschrumpfen. Zugleich geht das Unternehmen auch mit der Abwicklung von zwei verlustbringenden Standorten in der Schweiz (Pratteln und Zürich-Oerlikon) in die Offensive. Dort werden weitere 750 Mitarbeiter von ihrem Dienst entbunden. Auch in Norwegen, Portugal und den USA wird in jeweils einem Werk die Produktion auf Null heruntergefahren.

Die Gewerkschaften in Deutschland wie in der Schweiz zeigten sich trotz der Dringlichkeit der Strukturreform wenig koperativ: Sie kündigten an, sich gegen die Beschlüsse zu wehren. Die Firmenleitung jedoch hat die Fakten auf ihrer Seite: Bei einem Konzernverlust von 762,8 Millionen Mark ist der Zwang zu einschneidenden Verbesserungen offensichtlich.

Konzern-Chef Rolf Eckrodt betonte gestern in Berlin, dass nur ein international wettbewerbsfähiges Unternehmen langfristig eine Perspektive habe. Die Belegschaft mit 7.400 Mitarbeitern in Deutschland soll daher bis Ende nächsten Jahres auf ein innovationsstarkes Kernteam von 6.000 Mitarbeitern verschlankt werden.

Adtranz ist mit dieser Vorwärtsstrategie auf dem besten Weg, seine Stellung als weltgrößter Anbieter von Schienenfahrzeugen zu erhalten und auszubauen. In Deutschland gibt es neben dem Hauptsitz in Hennigsdorf bei Berlin zur Zeit noch Standorte in Siegen, Braunschweig, Frankfurt, Kassel, München, Nürnberg und Mannheim.

Mit der anvisierten Leistungssteigerung wird die DaimlerChrysler-Tochter für ihre Mutterfirma noch attraktiver. Branchenkenner rechnen damit, dass DaimlerChrysler den Bahntechnik-Hersteller nach einer erfolgreichen Sanierung verkaufen wird. Nach dem mit Entschiedenheit dokumentierten Willen zu Reformen stehen die Chancen für die Sanierung des 1996 gegründeten Unternehmens gut, das durch die Verschmelzung der Bahnaktivitäten von ABB Asea Brown Boveri und Daimler-Benz entstanden war.

Adtranz bietet als „grenzenloses produktorientiertes Unternehmen“ (so der Firmenslogan), neben S- und U-Bahnen auch Straßenbahnen, Triebzüge, Intercity-, Interregio- und Hochgeschwindigkeitszüge sowie Signaltechnik an.

Weltweit will das Unternehmen seinen Umsatz von voraussichtlich 3,8 Milliarden Euro in diesem Jahr binnen drei Jahren auf fünf Milliarden steigern. Adtranz beschäftigt zur Zeit 24.000 Mitarbeiter in 60 Ländern. In den kommenden drei Jahren soll das Unternehmen weltweit um 3.000 Stellen bereinigt werden. bja