Wasserfall setzt HEW unter Strom

Schwedischer Konzern Vattenfall kauft der Stadt für 1,7 Milliarden Mark ein Viertel HEW ab und bekennt sich zum Atomausstieg  ■ Von Sven-Michael Veit

Es seien „harte Verhandlungen“ gewesen, räumte Jørgen Anderson ein, aber „sehr erfolgreiche“. Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) würden „zur Plattform für die weiteren Deutschland-Aktivitäten von Vattenfall werden“.

Der Aufsichtsrats-Vorsitzende des staatlichen schwedischen Energiekonzerns unterzeichnete gestern im Rathaus zusammen mit Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) einen Kaufvertrag über 25,1 Prozent städtischer HEW-Aktien. Mit 1,7 Milliarden Mark läßt „Wasserfall“, Europas Nummer 5 unter den Energieversorgern, sich den strategischen Einstieg in den deutschen Strommarkt unerwartet viel kosten (Ausführlicher Bericht Seite 8).

Für die Stadt bleiben dennoch nur 430 Millionen Mark zum Stopfen des Haushaltslochs übrig. Sie hatte das Aktienpaket bereits 1997 bei der Landesbank „geparkt“ und vorab schon mal 1,27 Milliarden Mark eingestrichen.

Vattenfall und die Stadt, die nun noch 25,1 Prozent HEW-Anteile besitzt (siehe Übersicht unten), haben darüber hinaus in einem umfangreichen Vertragswerk ein Vorkaufsrecht der Schweden auf die restlichen städtischen Anteile zum Garantiepreis von ebenfalls 1,7 Milliarden Mark festgeschrieben. Vereinbart wurde zudem eine enge Kooperation. Beide Aktienpakete und damit die HEW-Mehrheit werden in eine gemeinsame Holding eingebracht; Vattenfall erhält drei und Hamburg vier Sitze im HEW-Aufsichtsrat, Bürgermeister Runde bleibt dessen Vorsitzender.

Ihr Abstimmungsverhalten wollen die beiden Partner eng koordinieren. In unternehmerischen Fragen wird Vattenfall das Sagen haben, in politisch-strategischen wie dem Atomausstieg hat die Stadt die Meinungsführerschaft. Die Schweden, die ihren Strom je zur Hälfte durch Atommeiler und Wasserkraftwerke produzieren, haben sich damit verpflichtet, so Runde, „den in der Satzung der HEW festgelegten Ausstieg ausdrücklich zu unterstützen“.

Diese Bereitschaft war denn auch einer der beiden ausschlaggebenden Punkte für den rot-grünen Senat, seine Anteile an Vattenfall zu verkaufen. Bis zuletzt hatte der zweite Mitbewerber, der Hannoveraner Energiemulti PreußenElektra (Preag), in seinen Geboten finanziell mitgehalten. Die Preag, die zusammen mit den HEW alle vier norddeutschen AKWs betreibt, gilt aber vor allem der GAL als atomarer Hardliner. HEW-Chef Manfred Timm „begrüßte“ denn auch gequält die Senatsentscheidung. Er bekommt mit der Hamburger Vattenfall-Tochter Vasa Energy eine Stiefschwester, die mit modernen Gas- und Dampfturbinenkraftwerken den Atomstromern erklärtermaßen „den Kampf um die Preisführerschaft“ angesagt hat.

Der zweite Aspekt bei der Verkaufsentscheidung ist die Perspektive der wirtschaftlichen Kooperation. Auch der Hamburger Senat hat zwischenzeitlich erkannt, dass vor allem der westliche Ostseeraum zwischen Hamburg, Kopenhagen, Malmö und Berlin in den nächsten zwei Jahrzehnten zu einer der dynamischsten Boom-Regionen der EU werden wird. Da kann es nicht schaden, gute Beziehungen mit dem größten schwedischen Staatsunternehmen zu pflegen.