Tour de Torture im Mutanten-Stadl

■ Christus von unten: Die Splatter-Nacht im 3001 bringt das Terrorkino des blasphemischen Spaniers Alex de la Iglesia im blutigen Doppelpack

Vom Namen her müsste Alex de la Iglesia ein Heiliger sein. Doch Axel von der Kirche, so die deutsche Übersetzung seines spanischen Namens, geht die christliche Lehre von unten an. Soll heißen, Alex verbreitet statt kirchlicher Lehren blasphemische Botschaften. Zumindest im Kino, denn de la Iglesia ist der vielleicht blutigste Filmemacher Spaniens. Das Special-Interest-Kino 3001 zeigt am kommenden Sonnabend mit Acción Mutante und Perdita Durango zwei Reißer aus den 90ern, mit denen Alex seinen Ruf als Apologet der Apokalypse zementiert hat.

Im Mutanten-Stadl von 1993 sorgt eine sympathisch-grauenvolle Horde von hals-, bein- und armlosen Freaks auf einer Hochzeit für Unruhe, als die Enstellten die Braut und Tochter eines bestens situierten Großunternehmers mir nichts, dir nichts vom Altar wegkidnapped und auf den steppenähnlichen Planeten Axturias verschleppt werden . Doch Eifersucht, Zwietracht und die Angst vor der Verfolgung durch die brautväterlichen Häscher machen aus dem glatten Coup eine Tour de Torture, bei der nahezu alle gehandicapten Aktionisten explodieren, erhängt werden oder sonstwie draufgehen.

Im Showdown kommt es zu einer aberwitzigen und alleszerfetzenden Schlacht in einer Wüstenbar, an dessen Ende einzig die Farbe Rot an die einstige Existenz von Leben erinnert. De la Iglesias bleigetränkter Filmfetzen bediente sich bereits vor Quentin Tarantino und dessen Zombi-Zauber From Dusk Til Dawn der hispanischen Version vom italienischen Splatter-Vergnügen. Alien-Amigos und andere Gore-Gringos tränken hier das humoreske Grauen von Outer Space mit Wüstenstaub.

Perdita Durango, de la Iglesias' bislang bekanntestes Werk, versetzte vor zwei Jahren ebenfalls die Steppe in Angst und Schrecken. Eine wild-anmutende Chicano-Indianerin (Rosie Perez) und ein mexikanischer Schwarzmagier Javier Bardem (Romeo Dolorosa) entführen ein amerikanisches Pärchen, um es nach einem archaischen Ritual zu opfer. In der krassen Verfilmung von Barry Giffords Roman 59 Degrees and Raining: The Story of Perdita Durango von 1959 skizziert de la Iglesias angelsächsische Sehnsüchte nach südlich-feurigen Exzessen und spanisch-mexikanischen Latino-Klischees. Mexiko erscheint hier als übersteigerter Projektionspansch aus pittoresker Rückständigkeit und grausamen Atavismen, an denen sich Touristen aus der ersten Welt ergötzen.

Das amerikanische Pärchen wird durch seine Entführung zwanghaft Zeuge dieses dunkelhaarigen Bonnie & Clyde-Verschnitts aus Perez und Dolorosa und muss mitansehen, wie sein Leben zum Spielball zwischen Initiationsritual, besinnungsloser Brutalität und Mafia-Kugelhagel wird. Sehnsüchte, die einen Bogen um die Kirche machen und nach hinten losgehen. Oliver Rohlf

Sa, 20. November, 22.30 Uhr, 3001