Wahre Anwohner

■ Betr.: Bauwagenplatz, taz hamburg vom 13./14.11.99

Es reicht! Bürgerinitiativen, die Unterschriften sammeln, und Menschen, die sich als sogenannte Anwohner bezeichnen, und die Presse, die eine Ansammlung neugieriger Menschen als Mahnwache bezeichnet, betreiben eine wirklich schlimme Hetzjagd gegen 10 junge Menschen, die einfach nur ein biss-chen anders leben wollen.

Direkte Anwohner sind eigentlich nur wir, die 60 behinderten und nichtbehinderten Menschen der Wohnungsbaugenossenschaft Wendebecken, die wir seit fünf Jahren zusammen in dem Wohnprojekt Wendebecken leben. Vor einigen Wochen haben wir unsere jetzigen Bauwagen-Nachbarn zum Bratäpfelessen eingeladen und siehe da, es waren keine Monster. Und auch über unsere Befürchtungen bezüglich Lärm und Ofenheizung haben wir mit ihnen Kompromisse gefunden. Die Bauwagenbewohner stellen zum Beispiel ihre Heizung auf Gas um.

Auch als wir vor fünf Jahren in unser Wohnprojekt eingezogen sind, spazierten in den ersten Wochen ebenfalls Scharen von schaulustigen Anwohnern an unserem Häuserblock vorbei, um mal zu schauen, wer denn nun in das lila-farbene Haus eingezogen ist. Manche waren sogar so dreist, einfach in einzelne Wohnungen reinzugehen, wenn unsere Kinder die Türen offen stehen ließen, mit der Begründung: Das ist doch öffentlicher Raum!

Da sich unser Barmbek durch den Zuzug von jungen Menschen ruhig mal ein bisschen vergnügen könnte, möchte ich in diesem Sinne unsere neuen Bauwagen-Nachbarn herzlich willkommen heißen und zuguterletzt wünsche ich mir, dass andere aufgebrachte Menschen ihre Vorurteile mit der Zeit verlieren werden.

Sabine Skalla, Hamburg