Gegenwind für China

■ Gewerkschaften in den USA sind gegen den WTO-Beitritt der Volksrepublik

Berlin (taz) – In den USA wollen Gewerkschaftsführer die Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO) verhindern. Noch muss das Freihandels-Abkommen nämlich den amerikanischen Kongress passieren, bevor man von einer Einigung zwischen China und den USA sprechen kann. Zwar müssen die anderen 134 Mitgliedstaaten der WTO der Aufnahme Chinas ebenso zustimmen. Die Entscheidung der USA gilt jedoch als ausschlaggebend.

Die US-Gewerkschaften hoffen auf eine ablehnende Mehrheit im Repräsentantenhaus. Diese könnte zusammengesetzt sein aus Demokraten, arbeitnehmerfreundlich gesinnten moderaten Republikanern und radikalen Republikanern, die China wegen der dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen verurteilen.

Die Gewerkschaften fühlen sich nach einigen Angaben von Präsident Bill Clinton betrogen. Der habe versprochen, der „globalen Wirtschaft ein menschliches Gesicht zu geben“. Jetzt aber wolle er ein Handelsliberalisierungsabkommen mit einem Land unterzeichnen, das Gewerkschaften unterdrücke und Gewerkschaftsführer ins Gefängnis bringe, so der Vorwurf. Wenn die USA nun der Aufnahme Chinas in die WTO zustimmten, verzichteten sie auf die Möglichkeit, einseitige Handelssanktionen gegen die Volksrepublik vorzunehmen.

Es sei umso wichtiger, dass sich die Minister beim WTO-Treffen Ende des Monats in Seattle darauf einigen, Handelssanktionen gegen Länder zu verhängen, die die Menschenrechte verletzen. „Das ist ein ernster Kampf für uns“, sagte Peggy Taylor, Cheflobbyistin der amerikanischen Einheitsgewerkschaft AFL-CIO.

Ungewöhnlich harsch verurteilte John J. Sweeney, Vorsitzender der AFL-CIO, das Vorgehen der amerikanischen Regierung: „Es ist auf ekelhafte Weise scheinheilig von Präsident Clinton, von einer Wirtschaft mit einem menschlichen Gesicht zu sprechen und gleichzeitig mit einem Land zu verhandeln, das sich mit seinen Menschenrechtsverletzungen schmückt als wären sie Ehrenmedaillen.“

Allerdings dürfte die Empörung nicht ganz uneigennützig sein: Die Gewerkschaften fürchten, dass billige Importe aus China die heimische Produktion zum erliegen bringen und Arbeitsplätze ins Ausland verlagert würden. Seit Präsident Clinton 1994 gegen den Willen der Gewerkschaften die Nordamerikanische Freihandelszone Nafta durchgesetzt hat, wehren diese sich heftig gegen weitere Liberalisierungen des Außenhandels.

Der Wirtschaftsberater von Präsident Clinton, Gene Sperling, hält den Vorwürfen entgegen, es werde langfristig mehr für die Arbeits- und Menschenrechte bringen, „China in ein globales Handelssystem einzubetten und seine Wirtschaft unter den Einfluss demokratischer Staaten wie die USA zu stellen, als irgendwelche Sanktionen zu fordern“.

Katharina Koufen