Brüssel macht Frankreich Druck

■  Weil Paris den Strommarkt nur schleppend öffnet, will die EU-Kommission ein Verfahren einleiten. Einige Länder haben schon Stromboykott gegen Frankreich begonnen

Berlin (dpa/ta*) – Frankreich gerät wegen der schleppenden Öffnung seines Strommarkts für ausländische Anbieter unter massiven internationalen Druck. Ein Sprecher der EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio sagte in Brüssel, die Kommissarin werde in den kommenden Wochen rechtliche Schritte gegen Paris beantragen.

Denn nach einer EU-Richtlinie müssen alle Mitgliedsländer ihre Märkte bereits seit Februar für Großkunden geöffnet haben. Die 440 größten Unternehmen Frankreichs müssten somit laut EU-Recht schon heute einen Alternativanbieter anstelle der staatlichen Electricité de France (EdF) wählen können. Das aber erlaubt das Energierecht Frankreichs noch nicht.

Einige Länder der EU haben daher einen Stromboykott gegen Frankreich gestartet. Die Niederlande kündigten an, man werde alle Energieeinfuhren aus Frankreich stoppen. Italien verfährt genauso, und auch Spanien hat bereits mit einem Einfuhrstopp gedroht.

Auch das deutsche Wirtschaftsministerium erklärte, die deutschen Stromversorger dürften die Durchleitung von Strom aus Frankreich unterbinden. Damit könnten sie Druck auf das Nachbarland ausüben. Das Ministerium selbst werde aber vorerst nicht aktiv werden, hieß es gestern. Den Vorstoß der EU betrachte man gleichwohl mit großer Sympathie.

Die großen deutschen Energieversorger äußerten sich in Sachen Boykott ebenfalls noch abwartend. „Wir hoffe, dass im europäischen Rahmen Regelungen getroffen werden“, hieß es gestern bei RWE in Essen. Denn es dürfe nicht sein, dass sich ein Land vom Markt abschottet, parallel aber auf den Märkten der anderen Länder bereits päsent ist. So drängt die EdF beispielsweise massiv auf den deutschen Markt.

In Frankreich war am Donnerstag im Parlament eine Einigung über die von Brüssel geforderte Strommarktöffnung gescheitert. Vor allem die Gewerkschaften und die Kommunisten wollen die Liberalisierung verhindern.

Unterdessen gibt es auf dem europäischen Strommarkt weitere Fusionspläne. Nach dem US-Unternehmen Southern Company soll nach Angaben des Handelsblatts auch der belgische Branchenriese Tractebel Interesse am Braunkohleverstromer Veag Vereinigte Energiewerke geäußert haben. Tractebel allerdings dementierte Übernahmegespräche mit Veag. Deutschland bleibe aber ein strategischer Markt. bja