Kuscheln mit den Kommunisten

■  Der Medienriese Rupert Murdoch hat's auf den chinesischen Markt abgesehen: Neben dem TV-Geschäft lockt auch das Internet. Das Regime in Peking hält er artig bei Laune

Längst hat sich Rupert Murdoch ein Medienreich zusammengezimmert, in dem die Sonne nie untergeht. Auf allen fünf Kontinenten besitzt der Medienmogul Zeitungen und Fernsehsender. Seine News Corporation ist mit fast 14 Milliarden Dollar Jahresumsatz der fünftgrößte Medienkonzern der Welt. Jetzt will der Australier mit amerkanischem Pass verstärkt im Internetgeschäft mitmischen. Bis 2002 möchte Murdoch 40 Prozent des Konzernumsatzes im Cyberspace erwirtschaften. Besonders China mit seinen 1,2 Milliarden Einwohnern hat es ihm angetan.

In der vergangenen Woche hat Murdochs asiatischer Unterhaltungssender Star TV ein Joint Venture mit dem Hongkong-Ableger des britischen Telekommunikationsriesen Cable & Wireless vereinbart. Zum ersten mal schließt sich damit in Fernost ein Medienanbieter mit einer Telekommunikationsfirma zusammen. Im nächsten Jahr wollen beide Partner ein Multimediaprojekt anbieten, das Internet und Fernsehen kombiniert auf einen Bildschirm bringt.

Gleich 50 Fernsehkanäle werden Murdochs TV-Ware verbreiten. Bald sollen es hundert sein. Hinzu kommen interaktive Angebote wie Homeshopping, Video-on-demand und klassische Internetdienste. Die Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post sieht bereits eine „Murdomania-Welle“ über die frühere britische Kronkolonie hereinbrechen.

Murdochs neues Multimediaprojekt ist vorerst auf Hongkong begrenzt. Doch dabei soll es nicht bleiben. Denn der wirklich dicke Brocken liegt jenseits der Grenzen der Sonderverwaltungszone: der chinesische Medienmarkt. Dass sein Hongkonger Joint-Venture in naher Zukunft auch den gesamtchinesischen Markt beglücken will, hat Murdoch bereits angekündigt.

Satte 300 Millionen Chinesen können derzeit in der Volksrepublik Fernsehprogramme empfangen. Das Internetgeschäft steckt zwar noch in den Anfängen, wächst aber rapide. In den vergangenen sechs Monaten hat sich die Zahl der Internetnutzer auf vier Millionen verdoppelt. Aktuellen Studien zufolge könnten es in fünf Jahren schon 33 Millionen sein.

Ausländische Investitionen waren bislang auf dem chinesischen Medienmarkt verboten. Das könnte sich bald ändern. Letzte Woche hat sich China mit den USA über einen Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO geeinigt. Künftig will China ausländische Beteiligungen auf dem Telekommunikationsmarkt von bis zu 49 Prozent erlauben.

Ramschige Massenware statt politischer Kritik

Nicht nur Murdoch bringt sich da schon mal in Stellung. Der US-Internetprovider AOL verhandelt bereits mit der Regierung über eine Ausweitung seiner Geschäfte in die Volksrepublik. Das Internetunternehmen Yahoo! hat vor kurzem eine chinesische Ausgabe seines Netzsuchdienstes gestartet.

Erstaunlich ist, dass es Rupert Murdoch schon bisher gelungen ist, im chinesischen Fernsehgeschäft mitzuspielen, als einziger Ausländer überhaupt. Bereits seit knapp zwei Jahren ist Phoenix TV in China auf Sendung. Phoenix wird zu 45 Prozent von Murdochs News Corporation getragen.

Die chinesische Regierung hat Murdochs Engagement trotz des Investitionsverbots toleriert. Und der revanchiert sich artig. Phoenix etwa enthält sich jeder politischen Kritik und setzt auf ramschige Massenware mit Lokalkolorit: Gameshows, Musiksendungen, Serien, die eigens für den chinesischen Markt billig produziert werden.

Ungeachtet ideologischer Differenzen kuschelt der Kapitalist Murdoch ungeniert mit den kommunistischen Kadern. Der britische Journalist Jonathan Mirsky wirft ihm vor, dass seine Medien „die chinesische Propaganda Wort für Wort nachbeten“. Der frühere Ostasienkorrespondent der Londoner Times berichtet seit Jahrzehnten über China. „Irgendwann wird es in China wieder zu einem Massaker kommen wie im Juni 1989 in Peking. Murdochs Medien in China werden darüber nicht die Wahrheit sagen“, fürchtet Mirsky.

Murdoch streitet das ab. Auf der Jahresversammlung der News Corporation im australischen Adelaide erklärte Murdoch Anfang des Monats: „Nie, nie, nie wurde unsere Berichterstattung von geschäftlichen Interessen in China beeinflusst.“ Seinen Kritikern unterstellte er Konkurrenzneid.

Tatsache ist jedoch, dass Murdoch auch außerhalb Chinas alles tut, damit die chinesische Führung nicht mit unliebsamer Kritik behelligt wird. 1994 verbannte er die britische BBC von seinem Asiensatelliten. Sie hatte mit ihren kritischen Berichten die Führung in Peking geärgert. Im vergangenen Jahr weigerte sich sein Verlag Harper Collins, die Memoiren des letzten britischen Gouverneurs in Hongkong, Chris Patten, zu drucken. Die chinesische Führung kommt darin nicht gut weg. Und vor wenigen Wochen erst schmähte Murdoch Pekings tibetischen Erzrivalen, den Dalai Lama, als „alten Politmönch, der in Gucci-Schuhen herumschlurft“.

Sowas freut die Pekinger Führung. Chinas Staatspräsident Jiang Zemin ließ bereits mitteilen, dass er die „Bemühungen von Mr. Murdoch um eine objektive Berichterstattung über China“ außerordentlich schätze. Peter Wütherich