„Es ist einfach eine andere Methode“

■ Die neue Abtreibungspille kommt nach Deutschland / Die taz sprach mit Bremens Pro Familia-Geschäftsführerin Hanna Staudt-Hupke über die Vor- und Nachteile der neuen Methode

In diesen Tagen kommt in Deutschland die neue Abtreibungspille RU 486 auf den Markt. In einigen Städten verzögert sich derzeit noch die Zulieferung durch die federführende Femagen-Arzneimittel GmbH aus Bayern. Das Familienplanungs-Institut Pro Familia in Bremen berichtet, man erwarte eine Lieferung des Medikamentes Mifegyne in den folgenden Wochen. Die taz sprach vorab mit der Bremer Pro Familia-Landesgeschäftsführerin Hanna Staudt-Hupke über Vor- und Nachteile der neuen Abtreibungsmethode.

taz: Sie stehen derzeit in den Startlöchern, um die Abtreibungspille an Frauen auszugeben?

Pro Familia-Geschäftsführerin Hanna Staudt-Hupke: Wir werden Frauen diese Pille alternativ zur Absaugmethode anbieten. Die Pillen werden wir ganz normal direkt über die Firma beziehen. Denn das Medikament können Frauen weder direkt in der Apotheke bekommen, noch über ein Rezept beziehen. Dafür ist das Arzneimittelgesetz speziell geändert worden: Nur Ärzte, die nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz Schwangerschaftsabbrüche machen dürfen, dürfen diese Pille benutzen.

Wie beurteilen Sie die neue Abtreibungspille?

Wir denken, es ist einfach eine andere Abtreibungsmethode mit Vor- und Nachteilen. Wir möchten Frauen sehr gut über beide Methoden informieren, damit sie sich für die eine oder andere entscheiden können. Die Anwendungsmöglichkeiten sind allerdings eingeschränkt: Die Pille ist nur bis zum 49. Tag vom ersten Tag der letzten Regel an – also in der Regel fünf Wochen schwanger – anwendbar.

Und wie funktioniert die Methode?

Die Frau nimmt drei Pillen Mifegyne. Diese Pille tötet die Schwangerschaft ab. Zwei Tage später nimmt die Frau ein Prostaglandin. Das ist ein wehenförderndes Mittel. Dieses sorgt dafür, dass die abgestorbene Frucht nach zwei Tagen ausgestoßen wird.

Aber angenehm hört sich das alles nicht an. Dabei wird das bewusste Miterleben im Vergleich zur Abtreibung unter Vollnarkose immer als Vorteil der Abtreibungspille genannt. Das stimmt. Pro Familia sagt auch nicht: Die Pille ist die bessere Methode. Die Pille hat auch Nachteile, wie der instrumentelle Eingriff eben auch.

Was sind die Nachteile?

Die Frau weiß zum Beispiel: Innerhalb der zwei Tage der Einnahme des Prostaglandins stirbt die Frucht ab und sie kann es nicht rückgängig machen. Wenn die Frau noch ambivalent in ihrer Entscheidung ist, ist diese Methode bestimmt nicht die Richtige für sie.

Und was sind die Vorteile?

Vorteile bietet die Pille vor allem für Frauen, die vor dem instrumentellen Eingriff Angst haben. Er wird hier in Bremen aber sehr fortschrittlich mit der sehr schonenden Absaugmethode durchgeführt. Aber es ist eben immer ein Eingriff. Und der andere Eingriff ist eben eine pharmakologische Methode.

Die Absaugmethode findet immer unter Vollnarkose statt?

Nein. Da ist Bremen auch mit an der Spitze bundesweit: 80 Prozent der Frauen machen hier einen Schwangerschaftsabbruch unter örtlicher Betäubung wegen der schonenden Absaugmethode. Allerdings wissen wir aus anderen Bundesländern, dass er auch sehr gerne unter Vollnarkose durchgeführt wird. Da haben die Frauen aber die Wahlmöglichkeit. Sie können sich für verschiedene Möglichkeiten entscheiden.

Hat die Abtreibungspille Neben- oder Langzeitwirkungen?

Man weiß noch sehr wenig über Langzeitwirkungen, weil die Pille erst seit zehn Jahren in Gebrauch ist. Da gibt es bisher nur Erfah-rungsberichte. Diese sollte man in Deutschland auf jeden Fall wissenschaftlich begleiten. Es gibt bereits zahlreiche Untersuchungen.

Und die besagen Bedenkliches?

Nein. Die Abtreibungspille würde nicht zugelassen werden, wenn man wüsste: Dieses Medikament ist schädlich. Aber wir wissen zum Beispiel, dass etwa in fünf Prozent aller Fälle trotzdem nach der Pilleneinnahme noch ein instrumenteller Eingriff durchgeführt werden musste, weil die Pille bei der Frau nicht gewirkt hat. Wir wissen auch, dass das Prostaglandin Nebenwirkungen hat. Das ist eben ein wehenförderndes Mittel und da kann es schon zu Schmerzen kommen.

Aber diese Mittel – vor allem die schonenden wie die Cytotec-Präparate – sind doch anders als zum Beispiel in Frankreich noch gar nicht in Deutschland zugelassen?

Es ist ein Prostaglandin zugelassen, das Cergem heißt. Cytotec ist eigentlich ein zugelassenes Medikament bei Magen-Ulkus-Erkrankungen. Im Rahmen ihrer Therapiefreiheit können Ärzte dieses Medikament aber durchaus auch im Zusammenhang mit der Abtreibungspille anwenden. Es ist in der Tat wesentlich schonender.

Wie beurteilen Sie also abschließend die neue Pille?

Es ist einfach eine andere Methode des Schwangerschaftsabbruchs und jede Frau muss nach guter Aufklärung für sich entscheiden, welche Methode für sie die annehmbare ist.

Und sie kann dann bei Ihnen zur Beratung kommen?

Sie kann zu uns kommen zur umfassenden Beratung. Denn ganz grundsätzlich gilt: Wegen dem geltenden Paragraf 218 muss sich die Frau sowieso auch beim medikamentösen Eingriff drei Tage vor dem Abbruch beraten lassen. Und wir werden den Frauen beide Methoden anbieten.

Fragen: Katja Ubben

Pro Familia ist erreichbar

unter Tel.: 34 060 30.