Gefühliger Parforce-Ritt mit Qualitätsgarantin

■ Bewährt: Christiane Hörbiger ist „Julia – eine ungewöhnliche Frau“ (20.15 Uhr, ARD)

Der ARD wird ja nachgesagt, sie sei zwar immer topinformiert, aber dabei leider ein bisschen gefühlskalt. So könnte es sein, dass viele Zuschauer zunächst im ZDF nach „Julia – eine ungewöhnliche Frau“ suchen. Denn die 13-teilige Serie mit Christiane Hörbiger passt eigentlich eher ins Mainzer Unterhaltungsprogramm, das mit den „Drombuschs“ oder der „Schwarzwaldklinik“ schon immer einen langen, gefühligen Erzählatem bewies.

In diese Tradition der schicksalhaften Episodenfilme gehört nun auch das ARD-Projekt „Julia“. Mit der großartigen Christiane Hörbiger hat man sich nicht nur einen populären Namen, sondern auch die Garantie gesichert, während des Parforce-Ritts von 13 Folgen nie unter einen gewissen darstellerischen Standard zu sinken. Und diese Garantie tut Not.

Gleich in der Pilotfolge muss die Hörbiger beweisen, dass sie mit ihrer Präsenz den schicksalsträchtigen Auftakt einigermaßen zusammenhalten kann: Julia ist eine erfolgreiche Rechtsanwältin, glückliche Ehefrau und liebevolle Großmutter. Jedenfalls denkt sie das noch am Morgen. Am Abend steht im Leben dieser Frau nämlich kein Stein mehr auf dem anderen: Die einzige Tochter ist bei einem Unglück umgekommen, der Ehemann betrügt sie. Julia wird daraus die für den Fortgang der Reihe nötigen Schlüsse ziehen: einen Job als Dorfrichterin übernehmen, die vollwaisen Enkel umsorgen und den Gatten ein Weilchen im Saft seiner Midlife-Crisis schmoren lassen.

Das Gesetz der TV-Serie macht solche überfrachteten Expositionen nötig: Der Zuschauer soll verstehen, warum Julia in diesem Dorf gelandet ist, wer sie vorher war, was sie liebt, hasst, bewegt. Für diese „Backstory“ bleibt aber nur eine Folge Zeit. Da muss jede Gefühlsregung ein Hinweis sein, jeder Dialog hat einen bleischweren Überbau. Deshalb müssen Serienfiguren eigentlich noch viel besser gespielt sein als so manches sozialkritische Fernsehspiel. Nur wenige Stars sind mit dieser Aufgabe aber so im Reinen wie die Hörbiger. Die soll es sogar genossen haben, während der Dreharbeiten monatelang in dem kleinen österreichischen Dorf festzusitzen. „Ich arbeite halt leidenschaftlich gerne“, erklärt sie.

Und sie arbeitet gut. Denn dass man ihr nach 30 eher konventionellen Erzählminuten die Trauer um die Tochter tatsächlich abnimmt, war beileibe nicht zu erwarten. Zumal nicht in der doch so wenig gefühligen ARD ...

Klaudia Brunst