■  Wer ist schuld am Holzmann-Konkurs? Die Banken schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Aber war eine Rettung des zweitgrößten deutschen Baukonzerns überhaupt gewollt? Oder sollte ein unliebsamer Konkurrent endgültig vom Markt gedrängt werden?
: Verschwörung oder Misswirtschaft?

Von Sonntagabend bis gestern Morgen, 6.30 Uhr, hatte es immer wieder kleine Kreise und große Runden gegeben, waren Holzmann-Manager und die Vertreter von etwa 20 der größten Gläubigerbanken in der Frankfurter Zentrale des Baukonzerns immer neu zusammengetreten. Hatten Vorstand und Beschäftigte gehofft und gebangt. Dann hieß es: Aus. Vorbei. Misslungen. Man habe sich auf kein Sanierungskonzept einigen können. Spätestens heute Morgen wollte Holzmann-Chef Heinrich Binder den Gang zum Konkursgericht hinter sich gebracht haben. Über das weitere Vorgehen sollte der Aufsichtsrat gestern Nachmittag beraten. Bis Redaktionsschluss gab es jedoch noch keine Ergebnisse.

Warum und an wem die Verhandlungen letztlich scheiterten, blieb gestern weitgehend unklar: Die Bankenvertreter schoben sich wechselseitig die Schuld zu. Hauptargumente: Die einen hätten womöglich im Interesse der Holzmann-Konkurrenz abgestimmt, die froh sei, den zweitgrößten deutschen Baukonzern vom Markt zu haben. Andere, vor allem kleinere, seien dem gesamten Sanierungskonzept und vor allem Holzmann-Chef Heinrich Binder gegenüber misstrauisch gewesen und wollten kein Geld geben, das sie nie wieder sehen würden.

Eine klare Front gab es dabei vor allem zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank. Die deutsche Marktführerin hielt sich zugute, den größten Beitrag angeboten zu haben und dabei sogar über ihren eigenen Schatten gesprungen zu sein. Und tatsächlich hatte sie zumindest alles getan, um den drohenden Imageschaden möglichst gering zu halten. Schließlich war sie – als zweitgrößte Anteilseignerin und Hauptkreditgeberin von Holzmann – schon in der vergangenen Woche unter Druck geraten. „Ohne die Deutsche Bank läuft bei Holzmann nichts“, sagte so ziemlich jeder befragte Bankenexperte.

Die Deutsche Bank habe insgesamt 1,5 Milliarden Mark der Kosten übernehmen wollen, erklärte Holzmann-Aufsichtsratschef Carl von Boehm-Benzig, der auch im Deutsche-Bank-Vorstand sitzt. Auch die HypoVereinsbank sei konstruktiv dabei gewesen. „Eine Reihe von Banken“ hätten sich aber total verweigert. Vor allem die Commerzbank habe sich „wenig flexibel“ gezeigt. Diesen Vorwurf wies der Commerzbank-Vorstand jedoch umgehend zurück. „Wir lassen uns nicht zum Buhmann machen“, so Sprecher Peter Pietsch. Die Commerzbank habe einen Beitrag zugesichert, der dem beim letzten Sanierungspaket für Holzmann aus dem Jahre 1998 entspreche. Viel eher müsse sich die Deutsche Bank fragen lassen, ob sie selbst alles zur Rettung des Konzerns getan habe. Schließlich habe sie mehr als alle anderen über die Zahlen gewusst.

Rund 3,55 Milliarden Mark hatte das Sanierungspaket, das der Holzmann-Vorstand im Laufe der vergangenen Woche geschnürt hatte, kosten sollen. 1,3 Milliarden Mark sollten durch einen so genannten Rangrücktritt der Banken aufgebracht werden – die Gläubigerbanken hätten ihre Forderungen gegenüber denen Dritter zurückgestellt und sie damit praktisch – zumindest vorübergehend – dem Holzmann-Eigenkapital zugeordnet. 1,25 Milliarden Mark waren über eine radikale Kapitalerhöhung eingeplant, eine weitere Milliarde hatte über einen Überbrückungskredit kommen sollen.

Vor der Verhandlung hatten die Vertreter der Landesbanken ein Finanzierungskonzept präsentiert, nach dem die Deutsche Bank 44 Prozent der Kosten zu tragen gehabt hätte. Diese hatte sich jedoch eine Quote von 18,5 Prozent vorgestellt. Hintergrund waren unterschiedliche Auffassungen darüber, wer welchen Anteil am gesamten Kreditaufkommen der Holzmann AG hat. Die Deutsche Bank erklärte, sie sei zwar mit 30 Prozent der Bankverbindlichkeiten, rund 2,19 Milliarden Mark, größte Kreditgeberin, allerdings habe sie die Kreditrisiken besonders gut geprüft. Man gehe davon aus, dass nur 18,5 Prozent der Problemkredite zu eigenen Lasten gingen. Die weiteren Verbindlichkeiten verteilen sich auf die HypoVereinsbank (865 Millionen Mark), die Commerzbank (510 Millionen), die DG Bank (400 Millionen) und etliche kleinere private, aber auch Landesbanken.

Beate Willms